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Infoblattübersicht

Exkurs:

Problematik des Einbringens von Chlorverbindungen in die Umwelt

  • Arktisbewohner als lebende Endlager
  • Chemische Hormone als Zeitbombe
  • Die Anzahl der Spermien sinkt
  • Umweltgifte mit hormoneller Wirkung
  • Dioxine bei Brandschäden
  • Wale sind Sondermüll..
  • Seveso im Klassenzimmer
  • Klassenzimmer machen krank
  • Krebskrank und tot durch PCB an Schulen

lauteten Einleitungen zu Presseberichten aus den letzten Jahren, die sich mit der Problematik in die Umwelt eingebrachter chlororganischer Verbindungen befassen.

PCB, wie auch die in Schulen häufig vorhandenen Holzschutzmittel PCP und Lindan gehören zu dieser Gruppe der chlororganischen Verbindungen . Es sind synthetisch hergestellte, vom Menschen in die Umwelt eingebrachte, überall vorhandene und teilweise sehr schwer oder kaum mehr abbaubare Substanzen mit gesundheitsschädlichen Wirkungen auf alle Säugetierorganismen.

Chlor ist Grundbaustein von Kampfgas, von Dioxin, von giftigen Holzschutzmitteln

Chlor steckt in Plastikschaufeln und Plastikeimern, in Joghurtbechern, Lebensmittelfolien, in Fenstern, Wasserleitungen, als Farbstoff in Baumwollhemden.

Chlor ist überall.

Chlor ist die Universalchemikalie der Kunststoffindustrie.

Mehr als die Hälfte der weltweiten chemischen Produktion basiert auf Chlor, denn kaum ein Element reagiert aggressiver, geht leichter Verbindungen ein und ist einfacher zu gewinnen als Chlor. Und keines ist preisgünstiger.

Seit Beginn der 50- er Jahre hat das vielseitige Gift einen weltweiten Boom erlebt und erst langsam dämmert Wissenschaftlern und Produzenten, dass der vielseitige Stoff gewaltige Nachteile hat:

  • Giftabfälle, die bei der Herstellung von Chlorchemikalien anfallen, lassen sich nur schwer oder gar nicht verwerten
  • Viele Chlorprodukte ( Farben, Lösemittel, Kunststoffe) geben während ihres Gebrauchs giftige Verbindungen ab, die zu chronischen Gesundheitsschäden führen können
  • Die Entsorgung chlorhaltiger Waren ist teuer: Dioxinverseuchte Deponien belasten das Grundwasser. Wird der Abfall verbrannt, entweicht das Gift aus den Schornsteinen der Müllverbrennungsanlagen
  • Massenprodukte wie z.B. das chlorhaltige PVC produzieren riesige Mengen unbrauchbaren Giftmülls.

Große Sorgen bereiten zahlreiche in ihrer Wirkung meist unbekannte chlororganische Verbindungen, darunter Dioxine und Furane. Sie entstehen fast immer, wenn Chlor mit anderen Elementen reagiert. Sie schädigen das Erbgut und rufen Krebserkrankungen hervor.

Eine besondere Gruppe unter den Chlorverbindungen bilden die hochchlorierten Kohlenwasserstoffe. Diese fast unzerstörbaren Moleküle, in denen mehrere Chloratome einen Kern aus Kohlenstoff und Wasserstoff umlagern, gelangen über Luft und Wasser in die Böden, werden mit der Nahrung und über die Luft aufgenommen und lagern sich im Fettgewebe von Menschen und Tieren ab.

Es existieren keine natürlichen Abbaumechanismen für diese Stoffe, weil es für sie keine natürlichen Erzeuger gibt. Die künstlichen Chlorverbindungen schaffen einen Teufelskreis:

Mit jeder Tonne , die verarbeitet wird, gesellen sich weitere Gifte zu den bereits vorhandenen.

Epidemiologische Studien, Tierversuche, experimentelle Laborstudien und theoretische Untersuchungen zum Struktur- Wirkungsmechanismus von chlororganischen Verbindungen haben eine Fülle von Indizien und Belegen dafür erbracht, dass die Gruppe der chlororganischen Stoffe ein hohes gesundheitsgefährdendes und ökotoxikologisches Potential mit sich bringt.


1992 wurden in Deutschland fast 3 Milliarden Tonnen Chlor erzeugt und in der chemischen Produktion eingesetzt, wovon über ein Drittel in die Erzeugung chlorhaltiger Endprodukte gelangte Die Einfügung von Chlor in organische Moleküle erhöht fast immer deren Human- und Ökotoxizität. So sind z.B. ein Drittel der bisher in der Liste gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe ( MAK- Liste) erfassten krebserzeugenden oder krebsverdächtigen Stoffe sind chlorhaltige Verbindungen.

Die anwendungsorientierten Vorteile vieler chlororganischer Verbindungen, wie z.B. hohe Beständigkeit geringe Brennbarkeit und großes Fettlösevermögen, haben eine negative Kehrseite: die stabilen Stoffe sind in der Umwelt persistent ( schwer abbaubar) , sie reichern sich besonders im Fett und damit in der Nahrungskette an (Bioakkumulation), und sie sind in hohem Maße toxisch.

Als synthetisch erzeugte Stoffe sind sie naturfremd was zur Folge hat, dass sie nur schwer verstoffwechselt werden können, weil die Entgiftungsmechanismen verschiedener Organismen nur sehr unvollkommen auf die Belastung durch synthetische Chlororganika eingestellt sind, so dass der Abbau, insofern überhaupt möglich, nur sehr langsam und unvollkommen stattfinden kann, wobei mitunter bei der Verstoffwechselung noch toxischere Abbauprodukte entstehen, die krebsauslösend, organschädigend oder immun- bzw .reproduktionsschädlich sein können.

Chlororganische Umweltöstrogene greifen auf unterschiedliche Weise in das Hormonsystem ein:

  • Teils haben sie hormonähnliche Wirkung, teils beeinflussen sie den Hormonspiegel.
  • Sie greifen speziell in das Wirkungsgefüge der Steroidhormone ein, zu denen die für die Entwicklungs- und Reproduktionsprozesse wichtigen Sexualhormone ( Östrogen, Progesteron, Testosteron) gehören, deren Wirkung rezeptorvermittelt ist.
  • Untersuchungen zeigten, dass einzelne Chlororganika Rezeptoren blockieren oder aktivieren können.
  • Entwicklungsstörungen können auch durch die Beeinflussung des Schilddrüsenhormonspiegels ausgelöst werden.

Untersuchungen zeigen, dass zunehmende Reproduktionsstörungen bei Männern (Abnahme der Spermienzahl, Zunahme von Hodenkrebs, Hodenhochstand u.a.) auch auf den Einfluss von östrogen wirksamen oder den Hormonspiegel beeinflussenden Umweltchemikalien zurückzuführen sind.

Reproduktionsstörungen bei Frauen und Erkrankungen von Organen des Reproduktionssystems ( Zunahme von Brust- u.a. Krebsarten, Endometriose ) stehen vermutlich ebenfalls mit erhöhter Belastung durch östrogen- wirksame Chemikalien in pränatalen oder späteren Stadien in Zusammenhang.

Indizien für eine Erhöhung des Brustkrebsrisikos gibt es für Pestizide ( speziell DDT) und PCB.

Dioxin kann offenbar schon in geringen ( chronischen) Belastungsdosen Endometriose (Wucherungen von Gebärmuttergewebe außerhalb der Gebärmutter) auslösen.

Schädigungen des Embryos können durch Pestizide und leichtflüchtige Chlororganika bewirkt werden. Pränatale PCB- Exposition kann Wachstumsverzögerungen ( Untergewicht bei der Geburt) und kindliche Entwicklungsstörungen nach sich ziehen.

Chlororganisch bewirkte Beeinträchtigungen von Intelligenzleistungen dürften bei Dioxin- und PCB- Belastung über die Beeinflussung des Schilddrüsenhormonspiegels ausgelöst werden.

Organische Chlorverbindungen gehören zu den chemischen Verbindungen, die Krebs auslösen können. Sie erzeugen meist nicht direkt Krebs, sondern wirken über ihre Abbauprodukte.

Einige sind direkt gentoxisch, andere agieren als sogenannte Krebspromotoren, die das Krebswachstum anregen können.

Es gibt jauch Chlororganika, die sowohl gentoxisch als auch tumorpromovierend sind.

 

Chlororganisch bedingte Krankheiten von Nerven- und Immunsystem, Leber und Nieren

Aus Tierversuchen und epidemiologischen Studien ist eine neurotoxische bzw. narkotische Wirkung vieler chlororganischer Verbindungen auf das zentrale Nervensystem bekannt. Dies gilt besonders für leichtflüchtige, aber auch für schwerflüchtige Chlorverbindungen. Chronische Effekte sind hier Nervenschädigungen, die sich als verringerte Konzentrationsfähigkeit, verminderte Gedächtnisleistung, Persönlichkeitsveränderungen u.dergl. darstellen.

Auch hier sind die frühen prä- und postnatalen Entwicklungsstufen besonders empfänglich für sich u.U. erst später manifestierende Belastungen.

Die Neurotoxizität von PCB beim Menschen ist nachgewiesen. Sie wird mit Veränderungen in der Konzentration des Neurotransmitters Dopamin in Verbindung gebracht.

Nachgewiesen sind auch entsprechende Dioxin- Schädigungen sowie durch Lindan ausgelöste neurologische Symptome. Die Anhäufung von relativ unspezifischen, in ihrer Summe aber stark belastenden " Befindlichkeitsstörungen" von Bewohnern in Wohnungen mit pestizidbehandeltem Holz, geht oft auf PCP und Lindan zurück.

Schäden am Immunsystem können durch PCB, PCP, Dioxine, Pestizide ausgelöst werden. Signifikante Veränderungen bei einigen Zelltypen des Immunsystems mit relativ langer Latenzzeit ergaben sich nach PCP- PCB und Dioxin- Exposition.

Degenerative Schädigungen an Leber und Nieren- den Hauptentgiftungs- und Ausscheidungsorganen des Körpers für Schadstoffe- sind neben der ZNS- Toxizität und dem kanzerogenen Potential einiger Verbindungen die wichtigsten durch Chloraliphaten ausgelösten Schädigungen beim Menschen.

Benutzte Literatur:

  1. Chlor macht krank: Die Auswirkungen von Chlorverbindungen auf die menschliche Gesundheit, Greenpeace-Studie, Hamburg, 1995
  2. Angriff auf das Hormonsystem: Umweltchemikalien verursachen Fortpflanzungsschäden und gefährden die Gesundheit, Greenpeace-Studie, Hamburg 1996
  3. Dauergifte, die globale Bedrohung, Greenpeace e.V., Hamburg, August 1999