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Information zu PCB:

Belastung des Gesamtorganismus bei inhalativer Aufnahme

 

Der inhalative Aspekt der PCB-Belastungen über die Raumluft war bisher ungeklärt und führte häufig zu der Fehleinschätzung, dass auch bei hohen Raumluftbelastungen an PCB mit einer Anreicherung im Organismus und mit negativen Auswirkungen auf die Gesundheit nicht gerechnet werden müsste, einer Sichtweise, die in Auseinandersetzungen um PCB-Belastungen an Schulen auch häufig von Gesundheitsämtern und Verwaltungen vertreten wurde.

Beispielsweise wird in einer Aussage des Gesundheitsamtes Düren/ NRW, (Informationsschrift des GA Düren zu PCB vom 05.06.2001), w dieser Sichtweise entsprechend argumentiert.

Zitat:

"Dass die Belastung über die Raumluft grundsätzlich keinen wesentlichen Beitrag zur nachweisbaren Gesamtbelastung des Organismus liefert, wird auch durch Studienergebnisse bestätigt, nach denen Lehrer, die im Schnitt 14 Jahre an einer mit bis zu 13500 ng/m³ Raumluftkonzentration belasteten Schule tätig waren, keine höheren Blutkonzentrationen gegenüber einem unbelasteten Vergleichskollektiv auswiesen".

Aus dieser Aussage wird nachfolgend der Schluss gezogen, dass mit negativen Auswirkungen auf die Gesundheit durch Aufenthalt in einem entsprechend belasteten Schulgebäude nicht gerechnet werden müsste.

Das Gesundheitsamt stützte sich in dieser Aussage auf die Ergebnisse einer Studie von Ewers et al., "Blutuntersuchungen auf PCB bei Lehrerinnen und Lehrern einer stark PCB-belasteten Schule",
in Zeitschrift für Gesundheitswesen 60,( 1998), Georg Thieme Verlag.
Die Studie von Kalberlah et al.,2002, "Toxikologische Bewertung Polychlorierter Biphenyle ( PCB) bei inhalativer Aufnahme", (Hrgb.LUA- NRW, Materialien Band Nr.62, www.lua.nrw.de)
weist dagegen durch neue toxikologische Bewertung von PCB bei inhalativer Aufnahme auf ein bislang erheblich unterschätztes Gefahrenpotential hin.

Es folgt auszugsweise zitierte und zusammengefasste Wiedergabe wesentlicher Fakten:

1.) Zu den von Ewers et al.1998 und Gabrio et al., 2000 an Untersuchungen an PCB-belasteten Schulen aufgestellten Hypothese, das PCB- Profil in der Raumluft enthielte überwiegend niedrigchlorierte PCB- Kongenere wird gegenteilig dargestellt, dass,

  • nach Durchsicht der Daten anderer Untersuchungen festgestellt werden konnte, dass der Anteil der höherchlorierten Kongenere in der Raumluft deutlich vermehrt gegenüber dem Profil bei Ewers et al. war, auch in Abhängigkeit von den Primärquellen,
  • es auch möglich ist, dass bei realer Nutzung zusätzlich Unterschiede in der Staubbelastung eine Rolle spielen, da im Staub eine Anreicherung höherchlorierter, weniger flüchtiger PCB gezeigt wurde,
  • nach Simulation realer Nutzungsbedingungen durch Luftumwälzung mit inhalativer Staubaufnahme zu rechnen ist und dieser Expositionspfad deshalb nicht vernachlässigt werden sollte. Hierbei überwogen die niedrigchlorierten Kongenere 28 und 52,

jedoch waren die Anteile der höherchlorierten Kongenere relevant.

 

2.) Bezüglich der von Ewers et al. (1998) aufgestellten These, die zusätzliche Exposition über die Raumluft sei gegenüber der oralen Exposition zu vernachlässigen, weil in Untersuchungen an Kollektiven, die sich in PCB-belasteten Räumen aufgehalten hatten, häufig keine erhöhten PCB-Belastungen im Blut nachgewiesen wurden und damit anzunehmen wäre, dass die PCB-Verunreinigungen der Innenraumluft nicht wesentlich zur gesamten PCB-Belastung beigetragen hätten, zeigte die Arbeit von Kalberlah et al. ,

 

  • dass in unterschiedlichen anderen Studien bei Auswertung aller vorliegenden Hintergrunddaten und bei ausreichend empfindlicher Nachweisgrenze ein Einfluss der Luftbelastung zu erkennen ist,
  • dass bei Untersuchungen mit sensitiven Methoden sich bei hohen Innenraumbelastungen übereinstimmend ein Anstieg der drei höherchlorierten PCB- Kongenere 138, 153, 180 zeigte,
  • dass, da die PCB-Profile in der Raumluft nicht nur niederchlorierte Kongenere anzeigten, nicht davon auszugehen ist, dass der Anstieg der höherchlorierten PCB im Blut einzig auf erhöhte orale Exposition zurückzuführen ist,
  • dass eine zusätzliche Möglichkeit der Charakterisierung einer Luftbelastung durch Bestimmung von Metaboliten niedrigchlorierter Kongenere in keiner der gesichteten Studien erfolgte.

 

3.) Zu der von Ewers et.al. aufgestellten Hypothese, die Belastung mit den niedrigchlorierten PCB 28,52,101 wäre zu vernachlässigen, da diese Kongenere durch schnellen Metabolismus auch bei hoher inhalativer Aufnahme im Blut nicht immer nachweisbar sind, fanden Kalberlah et al.,

  • dass es in der Raumluft einiger hoch exponierter Schulräume bis zu 1200 ng/m³ der niedrigchlorierten Kongenere 28 und 52 sowie bis zu 170 ng/m³ des Kongeners 101 gab, obwohl in den Blutproben für diese Leitkongenere keine Konzentration oberhalb der Nachweisgrenze von 0,1 µ/ l Blut nachweisbar war,
  • dass es möglich ist, eine Abschätzung der zu erwartenden Serumkonzentrationen für diese Kongenere anhand der Anreicherung in Fett und Blut und der für den Menschen abgeschätzten Halbwertszeiten vorzunehmen,
  • dass bei einer Nachweisgrenze von 0,1 µ/ l Blut der Nachweis erst bei sehr hoher Exposition zuverlässig möglich wäre,
  • dass für die Kongenere mit relativ kurzen Halbwertszeiten die Nachweisgrenze auch bei Inhalation von 1000 ng/m³ Luft nicht überschritten werden muss.

 

 

Kalberlah et al. ziehen daraus den Schluss,

dass die Zusatzexposition durch PCB in der Raumluft bei adäquater Analytik nachzuweisen ist und auch bei relativ geringen Luftkonzentrationen einen relevanten Anteil an der Gesamtbelastung darstellt und dass sich auch über Luftbelastung höherchlorierte PCB im Organismus anreichern können.

Stand 01.04.03