Chemie und Kindergesundheit
Die Belastung von Menschen, Tier
und Umwelt durch gefährliche, synthetisch hergestellte Chemikalien
ist ein weltweites Problem und zunehmende Bedrohung.
Die Rückstände gefährlicher Chemikalien lassen sich
mittlerweile in den Geweben fast aller Menschen der Erde nachweisen,
und es können Beziehungen zu verschiedenen Krebsarten und einer
Reihe von Fortpflanzungsstörungen, einschließlich Geburtsfehlern,
gezogen werden.
Es ist alarmierend, dass einige
dieser Krankheiten zunehmend auftreten, wir aber weiterhin einer
ganzen Mischung dieser Chemikalien ausgesetzt sind.
Vor allem Chemikalien, die das
Hormonsystem stören können, stellen ein großes Risiko
für die menschliche Gesundheit dar und verursachen vermutlich
weitverbreitete Schäden .
Synthetische Chemikalien werden
in Verbindung gebracht mit
- einer Reihe schädlicher
Effekte auf das Fortpflanzungssystem einschließlich der
Spermienqualität und dem Vorkommen männlicher Fortpflanzungsstörungen.
- Fehlgeburten, Frühgeburten
und geringerem Geburtsgewicht von neugeborenen
- Veränderungen im Geschlechterverhältnis
von männlichen und weiblichen Nachkommen.
- Entwicklungsverzögerungen
von Kindern und Defiziten ihrer geistigen Fähigkeiten.
Zusätzlich können einige
der Chemikalien eine Rolle bei bestimmten Krankheiten wie Brust-
oder Hodenkrebs spielen.
Während verschiedene Chemikalien
unterschiedliche hormonelle Prozesse stören können, tragen
sie alle zu einer Störung der normalen biologischen Prozesse
bei.
Manche Chemikalien ahmen Hormone
wie das Östrogen nach. Andere blockieren Testosterone oder
stören unsere Schilddrüsenhormone, die für das Zusammenspiel
einer normalen Gehirnentwicklung verantwortlich sind.
Hormonelle Effekte:
Eine der am Besorgnis erregendsten
Auswirkungen, die mit hormonell wirkenden Schadstoffen in Verbindung
gebracht werden kann, ist die frühzeitige Geschlechtsreife
bei Mädchen. Mädchen aus Puerto Rico leiden unter der
höchsten, bei Mädchen unter acht Jahren festgestellten
Rate von frühzeitiger Brustentwicklung. Eine Untersuchung einiger
dieser Mädchen hat gezeigt, dass diejenigen mit frühzeitiger
Brustentwicklung eine durchschnittlich sechs Mal höhere Konzentration
an DEHP aufwiesen, einem
anti-androgen ( Androgene sind
männliche Geschlechtshormone) wirkenden Phthalat
(Phthalate werden als Weichmacher eingesetzt).
Sie werden weit verbreitet in
Menschen nachgewiesen und stammen aus einer Vielzahl von Produkten
wie z.B. Spielsachen, Parfüms, Nagellacken oder Haarsprays.
Phthalate sind vor allem bekannt
für ihre Fähigkeit in die Entwicklung im Mutterleib, besonders
bei männlichen Kindern einzugreifen.
Eine 2001 in The Lancet veröffentlichte
Studie fand eine enge Verbindung zwischen der Wahrscheinlichkeit
von Frühgeburten und dem DDE- Gehalt im Blut der Mutter.(DDE=
Stoffwechselprodukt von DDT).
Der Autor der Studie nahm an,
dass die Verwendung von DDT für mindestens 15% aller Totgeburten
in den USA während der 60er Jahre verantwortlich sein könnte.
Umweltverschmutzung und hormonell
wirkende Schadstoffe werden auch als Gründe für Veränderungen
im Geschlechterverhältnis bei Babys gesehen, das sich in den
letzten 20-40 Jahren dahingehend verändert hat, dass weniger
männliche Neugeborene zur Welt kommen.
Gesundheitliche Auswirkungen
auf Kinder:
Kinder sind weit mehr giftigen
Chemikalien in Lebensmitteln, Wasser und Luft ausgesetzt als Erwachsene,
da sie - relativ zu ihrer Größe - zweimal soviel Luft
atmen, drei - bis viermal mehr essen und mehr als sieben Mal mehr
Wasser trinken als Erwachsene.
Immer mehr wissenschaftliche
Beweise lassen sich dafür finden, dass Kinder weit höheren
Krebsrisiken ausgesetzt sind als Erwachsene.
Der Anstieg von Krebsarten wie
Hirntumoren bei Kindern oder Krebsarten wie der nicht erblichen
Lymphgranulomatose und dem Multiplen Myelom bei Erwachsenen können
zum Teil durch Umweltchemikalien erklärt werden, die in Produkten
wie Farben oder Pestiziden bis hin zu dunklen Haarfärbemitteln
gefunden werden. Das Vorkommen dieser Krebsart war siebenmal höher
bei Kindern, deren Eltern zu Hause häufig Pestizide benutzten.
Effekte auf Nervensystem
und Verhalten:
Es existieren Beweise dafür,
dass Kinder, die synthetischenChemikalien - insbesondere PCBs -
ausgesetzt sind, in ihrer neurologischen Entwicklung und ihren geistigen
Fähigkeiten beeinträchtigt werden.
Häufig in Frauen gefundene
Umweltschadstoffe, die an den sich entwickelnden Fötus weitergegeben
werden, können das Verhalten und die geistige Entwicklung der
Kinder, insbesondere in der frühen Kindheit, beeinflussen.
Diese Effekte können sich
soweit auswirken, das geringere Lesefähigkeiten und niedrigere
Intelligenzquotienten noch bei elfjährigen Kindern in den USA
beobachtet werden konnten, deren Mütter während der Schwangerschaft
hohen PCB- Konzentrationen ausgesetzt waren.
Synthetische Chemikalien stehen
auch im Verdacht, zu Lernstörungen beizutragen, einschließlich
des Aufmerksamkeitsdefizitssyndroms mit Hyperaktivität (ADHS).
Effekte auf das
Immunsystem:
Kinder, die bestimmten Chemikalien
ausgesetzt sind, können zudem durch die Schwächung ihres
Immunsystems anfälliger für Infektionen werden.
So kam eine Studie zu dem Ergebnis,
dass der Anstieg von Ohrinfektionen unter Inuit-Kindern auf die
Aufnahme von hormonell wirksamen chlorierten Verbindungen über
die Muttermilch zurückzuführen ist.
Eine niederländische Untersuchung
zeigte, dass die vorgeburtliche Aufnahme von PCBs mit Veränderungen
des Immunsystems vorher gesunder Kinder in Verbindung steht.
Quelle: Auszugsweise
Wiedergabe aus EU-Rundschreiben, Sonderheft 03.07 31. Jahrgang 12
/ 31.07.03, Hrgb. DNR
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