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PCB-verseuchte Schulen machen SchülerInnen und LehrerInnen krank

Lern- und Verhaltensstörungen bei Kindern –
ein Schadstoffproblem?

von Wolfgang Krug, Baunatal

  1. Fallbeispiel Friedrich-Ebert-Schule Baunatal
  2. 1970/1071 wurde im nordhessischen Baunatal die Friedrich-Ebert-Grundschule errichtet; 1990 wurde diese Schule wegen gravierender Erkrankungen im Lehrerkollegium geschlossen, 1993 schliesslich abgerissen.

    Messungen verschiedener Institute erbrachten PCB’s (polychlorierte Biphenyle) in vielen Räumen mit 1300 ng/qm Maximalbelastung. Als weitere Schadstoffe wurden Formaldehyd, Asbest, Schimmelpilze, Lösemittel sowie Barium, Strontium und Zirkonium im Fertigbeton gefunden.

    Die Friedrich-Ebert-Grundschule war ein typischer Schulbau der 70-ger Jahre, errichtet aus Betonfertigteilen mit Flachdach und Nachtspeicherheizung.

    Bis zur Schliessung der Schule waren bei einem Personenkreis von ca. 20 Personen folgende Erkrankungen aufgetreten:

    4 Todesfälle, 8 Krebserkrankungen, 6 Fehl- oder Totgeburten, nachgewiesene Immun-schädigungen, Herz-Rhythmus-störungen, ...

    Die Schilderung einer Kollegin verdeutlicht am besten das Krankheitsbild:

    "Die Beschwerden begannen nach ca. einem Jahr. Zuerst bemerkten wir Müdigkeit, Nachlassen der Konzentrationsfähigkeit. Am störendsten aber sind die Symptome am Kopf:
    Der Kopf ist zu, man ist wie benommen, wie alkolisiert, wie kurz vor einem Schwindel. Der Kopfdruck, der ständig da ist, wird je nach Anstrengung oder Umgang mit belastetem Material, zu starkem Kopfschmerz. In diesen Phasen sind Konzentrationsfähigkeit und Kurzzeitgedächtnis besonders stark herabgesetzt, man leidet unter Wortfindungsstörungen und verhaspelt sich beim Reden."

    Und das als Lehrer, der Kinder unterrichten soll!

  3. Das deutsche Schulgift "PCB"
  4. Die Friedrich-Ebert-Schule in Baunatal ist beileibe kein Einzelfall. Eine Recherche der ZDF-Redaktion "Mit mir nicht" erbrachte, dass ca. 15 000 Schulen in den alten Bundesländern, also jede dritte Schule, PCB-belastet ist. Es handelt sich dabei um Gebäude, die in der Regel zwischen 1969 und 1975 erbaut worden sind.

    PCB ist eine synthetische Chemikalie, die aus 209 Einzelverbindungen mit gleicher chemischer Grundstruktur und angekoppelten Chloratomen besteht. Die PCB gehören zu den sog. Dauergiften (POPs: persistente organische Schadstoffe), die schwer abbaubar und somit sehr langlebig sind, sich in der Nahrungskette anreichern, ubiquitär verbreitet sind und durch ihre Langlebigkeit ihre Giftwirkung im menschlichen Körper über langen Zeitraum entfalten können.

    In öffentlichen Gebäuden wurden sie vor allem als Weichmacher in Dichtmassen (Dehnungsfugen bei Betonschulen) oder als Flammschutzmittel eingesetzt. PCB’s stecken überall, in Türen, Fussbodenbelägen oder in Verfugungen von Betonmauern. Überall dort entstehen Gase, die geruchlos und unsichtbar sind, Schulmaterialien und Kleidung kontaminieren und eine grosse Gefahr für die Gesundheit von SchülerInnen und LehrerInnen darstellen.

    PCBs gelten als immunschädigende, neurotoxische, den Hormonhaushalt angreifende und auch krebserregende Substanz. Bereits bei niedrigen Konzentrationen können massive Befindlichkeitsstörungen wie Bauch- und Kopfschmerzen, häufige Infekte, chronische Bronchitis, ... auftreten .

    Nach der hessischen PCB-Richtlinie gelten PCB-werte bis 300 ng/qm als tolerabel. Werte über 300 ng/qm machen Sanierungsmassnahmen innerhalb von 2 Jahren erforderlich, bei einer Konzentration von mehr als 3000 ng/qm sollen Räume geschlossen werden.

    Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat strengere Maßstäbe angelegt und nennt 1000 ng/qm als Sanierungsmassstab.

    Dr. Kruse (Toxikologisches Institut der Universität Kiel) fordert 8 ng/qm in Innenräumen.

    Durch die erwiesene kanzerogene Wirkung haben PCB’s in Räumen, vor allem dort, wo sich Kinder aufhalten, überhaupt nichts zu suchen. Viele Schulen sind aber heute noch nicht einmal auf PCB’s untersucht, dabei sind die gesundheitlichen Auswirkungen enorm.

  5. PCB’s an Schulen machen Lehrer krank

Beispiel belasteter Schulen wie die Friedrich-Ebert-Schule Baunatal, die Gesamtschule Neutraubling oder die Gesamtschule in Köln-Rodenkirchen zeigen eine hohe Krebsrate und immer Todesfälle.

Eine Umfrage der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) an 78 Wiesbadener Schulen erbrachte einen deutlichen Zusammenhang von Krankheitshäufungen und PCB-belasteten Schulen. Als besonders häufige Symptome wurden dabei Allergien, Herz-kreislauferkrankungen, Infekte der oberen Atemwege, Müdigkeit und Erschöpfung genannt.

Symptome

Neubau I

Bj. 1970

Altbau

Bj. 1930

Neubau II

Bj. 1970

Allergien

13

-

16

Herzkreislauf

14

1

6

Haarausfall

8

-

6

Hautveränderungen

12

3

7

Infekte der oberen Atemwege

13

-

9

Kopfschmerzen

4

1

12

Müdigkeit/Erschöpfung

13

1

11

Konzentrationsprobleme

7

-

6

usw.

Nach Aussage von Jürgen Jäger, Umweltbeauftragter der GEW in Hessen liegt das Verhältnis von Erkrankungen von Lehrern in Neubauschulen (in erster Linie Schulen der 70-iger Jahre) zu denen, die in Altbauten unterrichten bei ungefähr 90 : 10.

Weitere Meldungen:

  • Offener Brief der GEW vom 20. 01. 1997 an Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer:

"Auch zeigt die im GEW-Geschäftsbericht veröffentlichte Sterbestatistik von 1993-1996, dass 43 % aller verstorbenen, in der GEW organisierten LehrerInnen das Pensionsalter nicht erreicht haben."

Diese Zahl stieg im Geschäftsbericht 1997-2000 sogar auf 52%.

Und das in einer Zeit, wo die Lebensalterskurve immer weiter nach oben geht.

  • Artikel in der Ärztezeitung vom 13. 03. 1999:

"Macht Schule krank? 1996 sind 56 % der PädagogInnen vor dem Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand gegangen, doppelt so viele wie bei den übrigen BeamtInnen. Angegeben werden meist psychische Probleme oder das sog. Burn-out-Syndrom.."

  • Meldung Frankfurter Rundschau, Juni 2000:

"Zwei Drittel gehen frühzeitig – 1067 Lehrerinnen und Lehrer wurden 1999 in Hessen wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Ihr Anteil macht 68,9 % aller im Vorjahr pensionierten PädagogInnen aus. Von den insgesamt 1549 pensionierten Lehrkräften des Jahres erreichten ganze 44 die gesetzliche Altersgrenze von 65 Jahren."

Man sollte bei diesen ganzen Zahlen auch nicht vergessen, dass man in Deutschland nur Lehrer wird, wenn man gesund ist (amtsärztliche Untersuchung)

  1. PCB’s an Schulen machen Schülerinnen und Schüler krank

Noch viel schlimmer sind natürlich die Auswirkungen auf die Kinder. Gerade die Belastung von Kindern ist im Hinblick auf langfristig eintretende Schäden von grosser Bedeutung. Ausserdem weisen Kinder, nach Braungardt er al. 1992, spezifische Stoffwechsel-Empfindlichkeiten auf:

  • Kinder haben eine 2,5-fach grössere Hautoberfläche im Verhältnis zu ihrem Gewicht.
  • Kinder haben pro kg Körpergewicht eine höheres Atemvolumen.
  • Kinder haben eine erhöhte Stoffwechselrate.
  • Kinder haben ca. 2-fach mehr Wasser pro (Zell-)Volumeneinheit.
  • Kinder nehmen Schadstoffe aus dem Magen-Darmtrakt viel effizienter auf.
  • Kinder haben geringere Enzymaktivitäten zur Schadstoff-Entgiftung zur Verfügung.
  • Blutbildung und Leber/Nieren-Entgiftung arbeiten ebenfalls noch geringer.
  • Kinder haben schlechter abgeschirmte Nervenzellen.
  • Kinder haben ein schlechter fungierendes Immunsystem.

Bedingt durch den vielfältigen Wirkungsgrad der PCB’s ist logisch, dass Kinder in belasteten Schulen mit vielen gesundheitlichen Symptomen reagieren.

Zwei Beispiele sollen das zeige:

  1. Friedrich-Ebert-Schule Baunatal:
  2. Von ca. 180 SchülerInnen beteiligten sich ungefähr 50 Eltern an einer schriftlichen Umfrage zu Symptomen ihrer seit Schulbesuch der Friedrich-Ebert-Schule. Folgendes Ergebnis ergab sich :

    73 % Kopfschmerzen

    22 % chronische Bronchitis

    27 % Juckreiz, Hautveränderungen

    29 % Kopfschmerzen

    5 % Kreislaufprobleme

    27 % Konzentrationsstörungen

    29 % Augentränen

    7 % Vergesslichkeit

  3. Grundschule Wallrabenstein

250 SchülerInnen besuchten 1997 die Grundschule Wallrabenstein, die ebenfalls PCB-belastet ist. Bei einer Umfrage, an der sich die Eltern von 178 SchülerInnen beteiligten, zeigten 73 % der SchülerInnen gesundheitliche Symptome, u. a. :

44 % Kopfschmerzen

18 % Infekthäufigkeit

37 % Verhaltensauffälligkeiten (Unruhe, Nervosität, Aggression, Hyperaktivität)

35 % geringe Konzentrationsfähigkeit

8 % Hauterkrankungen

9 % Auftreten von Allergien

4 % Asthma

5 % Ohrgeräusche

21 % Müdigkeit

Allein diese beiden Beispiele zeigen die dringende Notwendigkeit epidemiologischer Studien bei Kindern an PCB-verseuchten Schulen.

  1. Lern- und Verhaltensstörungen durch PCB’s.
  2. Vor allem die Häufung von Verhaltens- und Lernstörungen passen zur Wirkung der PCB’s.

    5.1.Praenatale Schädigung:

    Anfang der 80-iger Jahre untersuchten die Psychologen Sandra und Joseph Jacobsen von der Wayne State University Detroit 242 Kinder und deren Mütter im Bundesstaat Michigan, ob sich regelmäßiger Fischkonsum von PCB-belasteten Fischen aus den grossen Seen auf die Gesundheit der Kinder auswirkt.

    Die Ergebnisse sind u.a. im Buch "Die bedrohte Zukunft" von Theo Colborn zusammengefasst:

    "In Tierexperimenten und Untersuchungen an Menschen wurden Lern- und Verhaltensstörungen festgestellt, die sehr grosse Ähnlichkeiten haben, die man mit zunehmender Häufigkeit bei Schulkindern im ganzen Land beobachtet. In den USA leiden 5-10 % aller Kinder im schulpflichtigen Alter an einer Reihe von Symptomen wie Hyperaktivität und Konzentrationsstörungen, die es ihnen erschweren, aufmerksam zuzuhören oder zu lernen. Zahllose andere leiden unter Lernstörungen, die von Gedaechtnisschwäche bis zur Schädigung der Feinmotorik reichen."

    Die Jacobsen-Jacobsen-Studie erbrachte pränatale Schädigungen als Ergebnis. Die Auswirkungen auf Auffassungsgabe und Gedächtniskapazität, auf Hör- und Sprachentwicklung reichten teilweise bis ins 11. Lebensjahr.

    Fischkonsum der Mutter: Geburt:

    (Fein, 1984) Geringere neuromuskuläre Reife

    Höhere PCB-Konzentration im Rückenmark

    Höhere PCB-Konzentration im Rückenmark:

    (Jacobsen-Studie 1993) 4 Jahre:

    schwächeres Kurzzeitgesdächtnis

    niedrigere Auffassungsgabe

    Hör- und Sprachdefizit

    Defizit in der Kapazität des Gedächtnisses

    11 Jahre:

    Defizit Intelligenzquotient 6,2 %

    6-12 Monate Rückstand im Lesen und Schreiben

    1. Perinatale Schädigung:
    2. Die Holländische PCB/Dioxin-Langzeitstudie (Patandin, Erdmann, u.a.) zeigte einen deutlichen Zusammenhang zwischen perinanater PCB-belastung (nach der Geburt über die Muttermilch) und Entwicklung des neuro-vegetativen Systems verbunden mit Verhaltensstörungen, immunologischen und endokrinen Veränderungen. Einige dieser Effekte sind bis ins Vorschulalter nachweisbar, andere erkennt man erst bei der Einschulung (z.B. schwächere kognitive Leistungen, geringere gerichtete Aufmerksamkeit, zurückgezogenes Verhalten.)

    3. Schädigung unmittelbar bei Schulbesuch:

Da PCB’s (nach einem Merkblatt von Dr. B. Kublinski, Rostock) die Synthese von Nervenbotenstoffen hemmen, ist u.a. beim Besuch dieser Schulen die Motorik und das limbische System (Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit, der Konzentrationsfähigkeit, ...) betroffen.

Die unmittelbare Einwirkung der PCB’s beim Besuch dieser Schulen zeigt eine Untersuchung von Apfelbach (1998), der nachwies, dass PCB’s bei Einatmen über die Riechnerven aufgenommen und im Gehirn angereichert und gespeichert werden.

Die Schädigungskette der heutigen Schülergeneration ist also vollständig.

Mutter und/oder Vater besuchen PCB-belastete Schulen ®

Schädigung pränatal (Studie Jacobsen/Jacobsen 1984/1983) ®

Schädigung perinatal (Holländische PCB-Studie 1990) ®

Vorgeschädigte Kinder besuchen weiterhin belastete Schulen

  • Neurotoxische Wirkung der PCB’s (Untersuchung Apfelbach) ®

Lern- und Verhaltensstörungen der heutigen Schülerinnen und Schüler

Durch die erwiesene Vorschädigung der Kinder erübrigen sich Diskussionen über PCB-Grenzwerte in Schulen. PCB’s haben dort nichts zu suchen. Erst recht seit Bekanntwerden der Untersuchungen von Allsopp (1997) und Brouwer (1998), die zeigten, dass einige Effekte durch PCB’s (reduzierte intellektuelle Leistung, Wachstumsminderung) schon bei der heutigen üblichen Hintergrundskonzentration auftreten.

  1. Sick-School-Syndrom (SSS)

PCB’s an Schulen sind somit eine Hauptursache für das Auftreten des sog. SSS-Syndroms ("Sick School Syndrom", nach Irene Ruth Wilkenfield, Safe Schools, www.head.gear.com, 22-09.1999) mit vielen gesundheitlichen Symptomen, die die Kinder an schadstoffbelasteten Schulen aufweisen.

SSS-Syndrom:

  • Hyperaktivität
  • Konzentrationsstörungen
  • Kurze Aufmerksamkeitsspanne
  • Gestörte Merkfähigkeit
  • Unfähigkeit, logisch zu denken
  • Verminderte Intelligenz
  • Häufige Stimmungsschwankungen
  • Chronische Kopfschmerzen
  • Grippeähnliche Symptome

  • Atembeschwerden, Asthma
  • Schwankungen im Schriftbild
  • Ruhelosigkeit
  • Müdigkeit
  • Starke Aggressivität
  • Gestörte Koordination
  • Dunkle Augenringe
  • Chronische Hautausschläge
  • In den USA gelten 10 % der Schulen als belastet - und bei uns?

    Man darf dabei auch nicht vergessen, dass in Schulen, aber auch in Privatwohnungen, viele weitere neurotoxisch wirkende Schadstoffe das geistige und körperliche Vermögen der Kinder beeinträchtigen: PCP, PAK’s, Lindan, Formaldehyd, Phtalate, Lösemittel oder Pyrethroide sind nur einige wenige Beispiele.

    Hierzu passt auch die neue Studie des britischen Wissenschaftlers Christopher Williams von der University of London, der darauf hinweist, dass der umweltbedingte Intelligenzverlust EMID ("Environmentally-Mediated Intellectual Decline") wohl viel größer ist als bisher angenommen. EMID kann, nach Aussage von C. Williams, alle treffen. Bei Kindern in armen Ländern spielen dabei wohl das Fehlen essentieller Nährstoffe eine entscheidende Rolle. In Industrieländern aber verweist C. Williams aber auf die Einwirkung von Umweltgiften und nennt vor allem Blei und PCB’s.

    1. Reaktion der Verantwortlichen

    Die politisch Verantwortlichen aber nehmen das Problem der PCB's an Schulen immer noch nicht ernst. Hierzu Ausschnitte aus einem Kommentar von Frau Irene Wulle, Humanbiologin, Grundschule Wallrabenstein, veröffentlicht in der Hessischen Lehrerzeitung, Februar 1999:

    "Fast überall das gleiche: Kinder und Lehrkräfte leiden unter massiven Befindlichkeitsstörungen, erkranken oder sterben an den Langzeitwirkungen, weil die Schulen durch Schadstoffe belastet sind. Doch niemand kümmert es. Die Verantwortlichen vertuschen, verzögern, verharmlosen und vertrauen – meist zu Recht – auf die Obrigkeitshörigkeit der Deutschen.

    So auch im Fall PCB: Seit 1972 ist bekannt, dass PCB krebserzeugend ist und massive toxische Wirkungen hat, seit 1972 ist es in offenen Systemen wie Fugenmassen und Oberflächenanstrichen verboten, seit 1989 gibt es ein Totalverbot Für PCB, aber für Kinder und Lehrer – so meint die Obrigkeit – ist es ungefährlich, zumindest nicht gefährlich genug, um sofort zu reagieren.

    Würden die Verantwortlichen tatsächlich Verantwortung übernehmen, müssten 10 000 Schulen in den alten Bundesländern schon längst saniert oder aber geschlossen sein. Tatsächlich sind viele Schulen aber bis heute nicht einmal auf Schadstoffe untersucht. Und bei Schulen, die untersucht und in denen Schadstoffe nachgewiesen wurden, wird vertuscht, verharmlost, verzögert. Ohne öffentlichen Protest, ohne Medien, ohne permanente Nachfragen geht gar nichts.

    Niemand möchte unangenehm auffallen, selbst wenn er nur auf sein "Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit" (Grundgesetz Art. 2) und auf "Unantastbare Gesundheit" (Hessische Verfassung Art. 3) pocht. Oder auf das Hessische Schulgesetz, nach dem die Schule "zur Wohlfahrt der Schülerinnen und Schüler und zum Schutz ihrer seelischen und körperlichen Unversehrtheit verpflichtet ist (§3).Die zuständigen Ämter suchen lieber aus dem Schulgesetz die Paragraphen heraus, die der Einschüchterung dienen sollen, wenn sich Eltern – wie in der Grundschule Wallrabenstein – weigern, ihre Kinder in eine schadstoffbelastete Schule zu schicken. Doch niemand kann Kinder und Lehrkräfte in ein Schulgebäude zwingen, das krank macht!"

    8. Schlusswort

    In vielen Kommunen und in lokalen Agenda 21-Prozessen spielen Umwelt und Gesundheit im Hinblick auf die Kinder eine herausragende Rolle.

    "Kinder", so heisst es immer wieder, "sind der grösste Reichtum eines Landes." In der bayrischen Staatsverfassung heisst es sogar: Gesunde Kinder sind das köstlichste Gut eines Volkes."(Artikel 125)

    Wie ist es dann möglich, dass immer noch Kinder und LehrerInnen in schadstoffbelasteten Schulen lernen und lehren sollen?

    In Hannover steht auf einem der Erlebnisbäume: "Sind die Menschen krank, ist auch das Land krank!"

    Kinder sind die wichtigste Investition in die Zukunft eines Landes. Nur gesunde und leistungsfähige Kinder (und LehrerInnen) können diese Zukunft sichern. PolitikerInnen, Medien und Wirtschaftsbosse schwören und immer wieder auf die sog. "Wissens- und Informationsgesellschaft ein". Der Weg dorthin erfordert aber in erster Linie gesunde Lebensbedingungen, somit auch Bildungseinrichtungen, damit Kinder überhaupt in der Lage sind, vernünftig zu lernen und auch Leistung zu bringen. Geschädigte Kinder können dies nicht. Gesunde Bildungseinrichtungen sind somit eine Grundvoraussetzung beim Weg in eine sog. "Wissensgesellschaft". Diese Voraussetzung fehlt in unserem Land weitgehend.

    Die vorhandenen Probleme weiterhin zu verharmlosen oder zu negieren ist mehr als unverantwortlich.

    "Immer mehr Kinder leiden an Sprachstörungen"- "Jedes fünfte Kind ist krank" – "Ärzte und Lehrer berichten immer mehr über psychisch auffällige Kinder" – Schreibschwache werden mehr" – nur vier Titelüberschriften aus der Frankfurter Rundschau im Jahr 1999. Diese Horrormeldungen werden sich häufen, wenn die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker die Auswirkungen vieler Umweltgifte weiterhin nicht beachten. Eines der immer noch grössten Probleme ist dabei das Problem der PCB-verseuchten Schulen.

    25. 07. 2000