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Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes sowie einer Verordnung zur Vereinfachung der abfallrechtlichen Überwachung

Stand des Entwurfs: 28.2.2005


Als Vertreter des BBU gab Herr Oliver Kalusch folgende Stellungnahme ab (02.04.05):

Der Entwurf eines Gesetzes sowie einer Verordnung zur Vereinfachung der abfallrechtlichen Überwachung beinhaltet eine systematische Änderung bzw. eine inhaltliche Reduktion von Vorschriften, die auch dem Umweltschutz dienen. Zur Vermeidung eines umweltpolitischen Rückschritts sollte der Entwurf überarbeitet werden. Angesichts der geplanten Änderungen wäre auch eine Beibehaltung der bestehenden Rechtsnormen eine Alternative, die der Verabschiedung der Normenänderungsentwürfe in der jetzigen Form vorzuziehen wäre.

Soweit nachfolgend Vorschläge gemacht werden, die über die europarechtlich vorgegebenen Mindeststandards hinausgehen, ist deren rechtliche Verankerung insbesondere auf der Grundlage von Art. 176 EGV möglich.

 

1. Abfallwirtschaftskonzepte und Abfallbilanzen

Abfallwirtschaftskonzepte sind im Rahmen des bestehenden Abfallrechts insbesondere zu erstellen oder vorzulegen von Erzeugern, bei denen jährlich mehr als 2000 kg besonders überwachungsbedürftiger Abfälle oder jährlich mehr als 2000 Tonnen überwachungsbedürftiger Abfälle je Abfallschlüssel anfallen (§ 19 Abs. 1 KrW-/AbfG). Ein Abfallwirtschaftskonzept soll gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG als internes Planungsinstrument dienen. Die Verpflichteten i. S. d. § 19 Abs. 1 KrW-/AbfG haben zudem jährlich Abfallbilanzen vorzulegen (§ 20 Abs. 1 KrW/-AbfG).

In der Neufassung des KrW-/AbfG sind die Verpflichtungen zur Erstellung von Abfallwirtschaftskonzepten gemäß § 19 KrW-/AbfG und Abfallbilanzen gemäß § 20 KrW-/AbfG lediglich noch für öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger vorgesehen. Eine Verpflichtung beauftragter Dritter soll in § 16 Abs. 3 KrW-/AbfG in modifizierter Form bestehen bleiben.

Ein sachlich hinreichender Grund für diesen Pflichtenwegfall ist nicht ersichtlich.

Wenn das Eigeninteresse und die Motivation einer Vielzahl von Betrieben an der Optimierung ihrer Abfallentsorgung als Voraussetzungen der Erstellung effizienter Konzepte und Bilanzen als betriebsinterne Planungsinstrumente nur unzureichend entwickelt sein sollten, kann dies nicht zum sukzessiven Rückzug des Staates aus dem Bereich der Abfallpolitik führen. Gerade dann bedarf es verbindlicher Regelungen des Gesetzgebers..

Wenn hingegen bei der überwiegenden Zahl der Betriebe eine entsprechende Motivation, Erfassung und Planung vorliegt, würde sich für diese Betriebe durch klare gesetzliche Regelungen keine Veränderung ergeben. Hinsichtlich der verbleibenden Betriebe, deren Erfassung und Planung unterwickelt ist, liefern gesetzliche Regelungen notwendige Voraussetzungen für eine mengenmäßige Reduktion und eine Entgiftung von Abfällen. Diese rechtlichen Verpflichtungen würden auch einer Benachteiligung vorbildlicher Betriebe entgegen wirken.

Betriebliche Abfallbilanzen und Abfallwirtschaftskonzepte können zudem nicht nur für die interne betriebliche Planung, sondern auch für die gesellschaftliche Planung der Entstehung, Zusammensetzung und des Verbleibs von Abfällen von erheblicher Bedeutung sein. Es handelt sich nicht nur um interne, sondern auch um externe Planungsinstrumente. Dies wird insbesondere durch § 19 Abs. 2 KrW-/AbfG deutlich, gemäß dem bei der Erstellung von Abfallwirtschaftskonzepten die Vorgaben der Abfallwirtschaftsplanung nach § 29 KrW-/AbfG zu berücksichtigen sind.

Mit dem Wegfall der Pflichten zur Erstellung betrieblicher Abfallbilanzen und Abfallwirtschaftskonzepte i. S. v §§ 19, 20 KrW-/AbfG würde das Ziel einer umfassenden gesellschaftlichen Abfallwirtschaftsplanung, die an der Quelle ansetzt, faktisch aufgegeben werden. Da auch im Abfallbereich betriebswirtschaftliche Interessen dem gesellschaftlichen Anspruch auf eine an ökologischen Erfordernissen ausgerichtete Politik und Ökonomie entgegenstehen können, sollten die vorliegenden Deregulierungspläne aufgegeben werden. Stattdessen sollten betriebliche Abfallbilanzen und Abfallwirtschaftskonzepte ein wichtiger Bestandteil einer ausgeweiteten und intensivierten staatlichen Abfallwirtschaftsplanung sein.

 

2. Überwachung

Die abfallrechtliche Überwachung ist im Siebenten Teil des KrW-/AbfG (§§ 40 – 52) geregelt.

Der für das bundesrepublikanische Abfallrecht vorgesehene Ersatz der nationalen Einteilung der Abfälle in besonders überwachungsbedürftige Abfälle, überwachungsbedürftige Abfälle und nicht überwachungsbedürftige Abfälle durch die EU-rechtliche Einteilung in gefährliche und nicht gefährliche Abfälle macht auch eine Umformulierung der Vorschriften über die Überwachung erforderlich. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht eine grundlegende Änderung der §§ 40 – 48 KrW-/AbfG vor.

Den vorgesehenen Bestimmungen mangelt es jedoch an der sachlich notwendigen Vereinheitlichung:

  • Bei gefährlichen Abfällen führen Entsorger (§ 42 Abs.1 KrW-/AbfG), Erzeuger und Beförderer (§ 42 Abs.3 KrW-/AbfG) obligatorisch Register. Diese Pflicht kann durch Anordnung auch auf Besitzer ausgedehnt werden (§ 44 S. 1 KrW-/AbfG).
  • Bei gefährlichen Abfällen haben Erzeuger, Besitzer, Einsammler und Entsorger gefährlicher Abfälle grundsätzlich einen Nachweis über deren ordnungsgemäße Entsorgung zu führen (§ 43 Abs.1 KrW-/AbfG)
  • Bei nicht gefährlichen Abfällen kann die zuständige Behörde insbesondere grundsätzlich anordnen, dass Erzeuger, Besitzer, Beförderer oder Entsorger Register oder Nachweise zu führen oder vorzulegen haben (§ 44 S. 1 KrW-/AbfG).

Geboten wäre eine Vereinheitlichung auf hohem Niveau, so dass die fakultativen Regelungen für nicht gefährliche Abfälle grundsätzlich durch die obligatorischen Regelungen für gefährliche Abfälle ersetzt werden.

Dies bedeutet, dass Erzeuger, Besitzer, Beförderer oder Entsorger von Abfällen Register und Nachweise über die ordnungsgemäße Entsorgung zu führen und vorzulegen hätten. Hiervon darf es nur für besondere, im Gesetz eindeutig definierte Abfälle Ausnahmen geben, die zudem im Einzelfall von der zuständigen Behörde zugelassen werden müssten.

Die Notwendigkeit einer schärferen Überwachung ergibt sich dabei bereits aus der Begründung des Gesetzentwurfs. Die dargestellte Problematik der Umdeklaration anders eingestufter Abfälle zu nicht überwachungsbedürftigen Abfällen kann nicht inhaltlich befriedigend durch den Wegfall einer Abfallgruppe (überwachungsbedürftige Abfälle), eine veränderte Abfallklassensystematik oder die Reduzierung von Anforderungen gelöst werden. Vielmehr bedarf es einer stärkeren und nicht einer geringeren Kontrolle.

 

3. Registerpflichten und Deklarationsanalyse

Die Registerpflichten des § 42 Abs. 1 - 3 KrW-/AbfG verlangen für den Registerinhalt bezüglich der Angabe der Beschaffenheit bestimmter Abfälle ein Verzeichnis von Menge, Art und Ursprung dieser Abfälle.

Diese Anforderung ist zu unbestimmt bzw. unzureichend.

In § 42 Abs. 1 Nr. 1 KrW-/AbfG sollten als Pflichtangaben zur Konkretisierung bzw. Ergänzung die chemische Zusammensetzung, die physikalischen Eigenschaften, die gefahrenrelevanten Eigenschaften der Abfälle und eine Zuordnung von Inhaltsstoffen und gefahrenrelevanten Eigenschaften aufgenommen werden.

Die Deklarationsanalyse zum Entsorgungsnachweis (Anlage 1 der Verordnung über Verwertungs- und Beseitigungsnachweise) sollte dementsprechend erweitert werden.