BBU fordert Umweltminister Trittin auf, das BfS
per Eilanordnung anzuweisen, die Transportgenehmigung für den
Atommülltransport von La Hague nach Gorleben in der kommenden
Woche sofort zurückzuziehen
Herrn Bundesumweltminister
Jürgen Trittin
Berlin
per Fax
Bonn/Gorleben, 05.11.2002
Sofortiger Stopp des für den um den 12.11.02 geplanten Atom-Müll-Transport
mit 12 Castor-Bahnwaggons von La Hague nach Gorleben ist wegen schwerster
Mängel absolut zwingend notwendig / Dienst-Aufsichtsbeschwerden
gegen das Bundesamt für Strahlenschutz
Sehr geehrter Herr Bundesumweltminister Trittin,
hiermit erheben wir Dienst-Aufsichtsbeschwerde gegen das Bundesamt
für Strahlenschutz wegen seiner an die NCS / Nuklear-Cargo-Service,
Hanau bzw. die betreffenden AKW-Betreiber erteilten oben genannten
Transport Genehmigung! Weiter fordern wir Sie als vorgesetzten Fachminister
auf, das BfS per Eilanordnung anzuweisen, die Transportgenehmigung
sofort zurückzuziehen.
Begründung:
- Bereits nach Bekanntwerden des kürzlichen 16-Castor-Waggons
Transportes mit hochradioaktiv abgebrannten Brennelementen aus
deutschen AKW nach La Hague erhoben wir unter Anführung schwerster
Sicherheitsmängel schärfsten Protest beim Bundesamt
für Strahlenschutz wegen der erteilten Transportgenehmigung,
zumal es sich um den größten Atommüll-Transport
der Nachkriegszeit in Deutschland handelte. Hieraufhin erhielten
wir zwar eine ausführliche, aber ablehnende Antwort, mit
der Grundaussage "Man würde keinen Handlungsbedarf sehen"
bzw. "unsere Sicherheitskritik sei unbegründet". Diese Tatsache
zeigt ganz eindeutig, dass dem BfS jeglicher Bezug zur Realität
fehlt!
- Entgegen der jahrelang praktizierten Handhabung von bis zu 3
Castor-Atommüll-Waggon-Transporten erhöht das BfS in
unverantwortbarer Weise nun mehr das nukleare Risiko noch einmal
um das 4- bis 6–fache.
- Über einen weiteren skandalösen Sicherheitsmangel
berichtete vor kurzem das ARD-Magazin "Plus Minus", dass die Bruchsicherheit
des Castor-Behälters bisher nur "errechnet" und damit niemals
praxisgerecht getestet wurde und er für einen eventuell harten
Aufprall keine Knautsch-Zone besitze, damit bliebe ggf. die ganze
Energie im Behälter und führe vermutlich zu dessen Zerstörung!
Die nachträgliche Handhabung mit Holzpuffern ist ein klarer
Beweis des Versagens der verantwortlichen Bundesanstalt für
Materialprüfung!
- Gerade nach dem Ereignis vom 11.09.01 erfolgen immer wieder
Warnungen seitens des BKA vor Terroranschlägen auf hoch sensible
Einrichtungen mit großem Katastrophenpotential. Denn solche
Terroranschläge sind u.a. schon mit kleinen Handwaffen, wie
einer Panzerfaust bzw. einer Stinger-Rakete, praktisch jederzeit
in unserer dichtbesiedelten Bundesrepublik mit furchtbaren Folgen
möglich!
- Dass Unfälle bei Bahntransporten mit Gefahrgütern
sich in den letzten Jahren immer mehr häufen, beweisen u.a.
Entgleisungen, Zusammenstöße, Bremsversagen (siehe
Frankfurter Rundschau "Bremsproben werden oft abgekürzt"
v. 24.10.2002)
Hinzu gehören u.a.:
1996 Brand / Explosion von 5 Kesselwagen. mit giftigem Vinylchlorid
in Schönebeck
1997 Brand / Explosion von ca. 970.000 l Benzin in Elsterwerda
1997 Brand von ca. 343.000 l Diesel in Hannover Misburg
Kürzlicher Bahnunfall in Bad Münder durch Zusammenstoß
infolge Bremsversagens sowie Brand / Explosion eines beladenen
Kesselwagens mit giftigem Epichlorhydrin.
Im vorgenannten FR-Bericht wird u.a. nicht nur harsche Kritik
an häufig fehlenden Bremsproben an Gefahrgut-Waggons ausgeführt,
sondern auch durch einen Bahnexperten wie folgt bemängelt:
"Technisch ist der Güterverkehr soweit wie vor 150 Jahren".
Dies alles ignoriert aber das BfS, so dass nunmehr Ihre Fachabteilung
gefordert ist, harte Konsequenzen zu ziehen.
- Völlig unberührt aber, dies trifft auch für Ihr
Haus zu, läßt das BfS die Tatsache, dass zur Durchsetzung
dieser Atommüll-Castor-Transporte, das Grundrecht auf friedliche
Protest-Demonstrationen gegen hoch gefährliche Atommüll-Transporte
und Einlagerung in Gorleben (ihrer Heimat) durch riesigen Polizeieinsatz
mit über 15.000 Polizisten außer Kraft gesetzt wird!
- Dass sich im Atommüll-Zwischenlager Gorleben mit jedem
neuen Rücktransport aus La Hague bzw. Sellafield das nukleare
Risikopotential erhöht, obwohl die Anlage weder gegen Flugzeugabstürze
noch gegen Terroranschläge ausreichend geschützt ist,
wird sowohl in Ihrem Haus bzw. beim BfS und in dem niedersächsischen
Umweltministerium stillschweigend - ebenfalls in unverantwortlicher
Weise - geduldet!
Sehr geehrter Herr Bundesumweltminister Trittin!
Wir appellieren insbesondere auch im Namen der uns angeschlossenen
130 Initiativen mit ca. 150.000 Mitgliedern, zu denen auch die Ihnen
wohlbekannte BI Lüchow-Dannenberg gehört, noch einmal
an Sie: Ziehen Sie - insbesondere unter Berücksichtigung der
aufgeführten Gründe - die überfälligen Konsequenzen
und lassen Sie die vom BfS erteilte Transportgenehmigung nach Gorleben
sofort zurückziehen. In Erwartung einer schnellen und hoffentlich
positiven Nachricht verbleibt
mit freundlichen Grüßen
BBU e.V.
Eduard Bernhard, Energiepolitischer Sprecher
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Christine Ellermann, Geschäftsführerin
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