Kritische Zwischenbilanz zum atomrechtlichen
Erörterungstermin zum geplanten Abbau des stillgelegten 1308
MW-RWE-Atomkraftwerk (Typ Harrisburg) Mülheim -Kärlich
/ Tagungsort: Mülheim-Kärlich, Bürgerhalle Urmitz
v. 16.06.03 - (voraussichtlich 19.06.03)
Nach 1 3/4 Tag, d.h. bis heute (17.06.03) nachmittags, ergaben
sich bei der Erörterung der gemachten Einwendungen bzw. Bedenken
und Forderungen seitens der Bürgerinitiativen, des Bundesverbandes
Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e.V., des Bund Naturschutz,
Aschaffenburg und des BUND-LV Rheinland-Pfalz folgende Diskussions-
und Streitpunkte:
- Die der Erörterungsbehörde, d.h. dem Mainzer Ministerium
für Umwelt und Forst vorliegenden Sicherheits-/Strahlenschutz-Gutachten
des TÜV Rheinland-Berlin-Brandenburg wurden bzw. werden den
teilnehmenden EinwenderInnen trotz Antrag auf Akteneinsicht vorenthalten
! Angeblich, weil es sich nur um Gutachterentwürfe handelt,
die noch um Erkenntnisse aus dem Erörterungstermin ergänzt
bzw. korrigiert werden sollen. Hiergegen wurde scharfer Protest
erhoben und der Erörterungsbehörde vorgeworfen, eine
Politik des Herrschaftswissens zu betreiben !
- Größeren Zeitraum nahm die Erörterung der Vorwürfe
zur mangelnden Zuverlässigkeit und Fachkunde des AKW-Eigentümers
RWE ein. Vorgeworfen wurde nicht nur der "Schwarzbau", sondern
auch die skandalöse Anzahl von 107 Störfällen/Betriebsstörungen
im AKW-Mülheim-Kärlich von Aug. 85 bis März 90
sowie 43 Störfälle/Betriebsstörungen v. Mai 99
bis zum 24.09.02 im AKW Biblis (Betreiber: Ebenfalls RWE). Die
Beweisunterlagen wurden dem Verhandlungsleiter Herrn Wolf übergeben.
Mangelnde Zuverlässigkeit und Fachkunde sind aber nach §
7 Atomgesetz absolute Voraussetzung für eine AKW-Betriebsgenehmigung.
Insgesamt aber werten die Einwender die hohe Anzahl und Art der
Störfälle/Betriebsstörungen als besorgniserregenden
Beweis für zahlreiches menschliches und technisches Versagen.
- Für den Fall, daß das geplante Standort-Zwischenlager
für ca. 2.900 Tonnen Atommüll im AKW aufgrund einer
möglichen Klage der Stadt Neuwied nicht realisiert würde,
kündigte Dr. Lauer als AKW-Leiter an, daß damit das
Abbauprojekt Mülheim-Kärlich für RWE wegen fehlendem
Entsorgungsnachweis gestorben sei. Hierzu merkte Erörterungsleiter
Wolf an, es könne auch eine andere Entsorgung, z.B. in ein
anderes Atommüll-Lager, erfolgen.
- Einwender-Reklamationen ergaben, daß auch das BMU in
das Genehmigungsverfahren eingeschaltet sei, womit auch Begutachtungen
seitens der RSK, SSK, GRS und BfS verbunden sein könnten.
- Bei der Diskussion über den 2. und 3. Verfahrens-Abschnitt
- z.Z. läuft nur der 1. Abschnitt - wurde seitens der Erörterungsbehörde
offengelassen, ob es hierzu ein atomrechtliches Genehmigungsverfahren
geben wird. Hierzu verlangten alle einwendenden Umweltschutzorganisationen
sowie Bürgerinnen und Bürger auf jeden Fall ein Verfahren
mit Öffentlichkeitsbeteiligung, d.h. einen erneuten Erörterungstermin.
- Ein heutiger Antrag auf sofortigen Abbruch des Erörterungstermins
wegen z.T. nicht fristgerechter Einladung lehnte die Erörterungsbehörde
ab.
- Die Einwender reklamierten, daß trotz über 10 Jahre
AKW-Stillstand bis heute weder vom RWE noch vom TÜV eine
genaue/umfassende Ermittlung des gesamten radioaktiven Nuklid-Spektrums
- incl. evtl. Alpha-Strahler - beim vorhandenen bzw. noch zu ermittelnden
Atommüll vorliegt ! Die Einwender protestierten gegen diesen
skandalösen Zustand. RWE signalisiert, daß man zu einem
späteren Zeitpunkte zu detaillierteren Ergebnissen kommen
wolle!
Insgesamt haben sich bis heute die Eindrücke bestätigt
bzw. verstärkt, wonach die Unterlagen und Teilgutachten zum
Genehmigungsverfahren gravierend unvollständig sind und Zweifel
an der Zuverlässigkeit und Fachkunde des RWE-Betreibers bestehen
bleiben.
Verhandlungsleiter Herr Wolf wurde aufgefordert, die Umweltministerin
Frau Conrad zu mehreren Differenzpunkten (Nicht-Information über
TÜV-Gutachten, fehlende Angaben über Nuklid-Spektrum sowie
Öffentlichkeitsbeteiligung zum 2. und 3. Behandlungsschritt)
zu befragen.
Die Einwender planen den Skandalfall Mülheim-Kärlich
mit Anträgen in den Landtag einzubringen.
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