BBU: Staatsanwaltschaft soll wegen Urantransporten
nach Russland weiter ermitteln
(Bonn, Gronau, 06.02.07) Der Bundesverband Bürgerinitiativen
Umweltschutz (BBU) e. V., hat die Staatsanwaltschaft in Münster
aufgefordert, das laufende Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts
auf illegalen Atommüllexports von der deutschen Urananreicherungsanlage
in Gronau nach Russland verstärkt fortzusetzen und nicht einfach
einzustellen. Medienberichten zufolge beabsichtigt die Staatsanwaltschaft
die Strafanzeige russischer Umweltverbände in Kürze als
unbegründet ab¬weisen zu wollen, da laut Wirtschaftsministerium
NRW kein Atommüll sondern Wertstoff von Gronau nach Russland
exportiert wird.
Der BBU teilt, ebenso wie seine örtliche Mitgliedsorganisation,
der Arbeitskreis Umwelt (AKU) Gronau, die Auffassung der russischen
Umweltverbände, dass es sich bei dem Uran, das von Gronau nach
Russland geliefert wurde und wird, um Atommüll handelt, der
nicht exportiert werden darf. Nach Einschätzung des BBU war
seit Mitte der 70er Jahre, als das erste Genehmigungsverfahren zum
Bau der Gronauer Urananreicherungsanlage anlief, bis 2005, als die
bisher letzte Teilgenehmigung erteilt wurde, in den Genehmigungsbescheiden
zum Betrieb der Anlage immer nur von innerdeutschen Entsorgungswegen
die Rede. Udo Buchholz vom BBU-Vorstand betont in diesem Zusammenhang,
dass das sogenannte Entsorgungskonzept für Atommüll in
der Bundesrepublik wie ein Kartenhaus zusammen gebrochen ist. Es
gibt kein Endlager, Atommüll jeglicher Art wird ständig
hin- und hergekarrt oder in zweifelhaften „Zwischen“lagern
versteckt. Buchholz: „Auch das abgereicherte Uran aus Gronau
soll endgelagert werden. Es weiß nur niemand wo. Da war es
schon für die Betreiber der Gronauer Uranfabrik praktisch,
abgereichertes Uran nach Russland verbringen zu können. Ob
die Transporte hochgefährlich sind, und ob die russische Bevölkerung
das strahlende Gift haben will, interessiert die Atomindustrie und
ihre Helfer/innen in Behörden und Regierungen nicht. Die Urantransporte
von Gronau nach Russland müssen gestoppt werden. Dies gilt
auch für den Betrieb der Uranfabrik in Gronau. Ihr Betrieb
darf nicht länger dazu beitragen, dass die Atommüllberge
in aller Welt weiter anschwellen.“
In seinem Brief an die Staatsanwaltschaft Münster zitiert
der BBU aus dem Genehmigungsbescheid zum Ausbau der UAA Gronau vom
Februar 2005: „Gleichwohl ist beantragt, abgereichertes Uran
in Form von Uranoxid als Abfall bis zur Abliefe¬rung an ein
Endlager zwischenzulagern (Uranoxid-Lager). Die zu erwartende Menge
des Uranoxids und die dafür benötigte Lagerkapazität
in einem Endlager ist im Rahmen des Planes zur nationalen Entsorgung
von der Antragstellerin an das BfS (Anm. BBU: Bundesamt für
Strahlenschutz) gemeldet worden.“ Gegenüber der Staatsanwaltschaft
bewertet der BBU den Sachverhalt folgendermaßen: „Deutlicher
kann nicht ausgedrückt werden, dass es sich bei dem abgereicherten
Uran, egal ob in Form von Uranhexafluorid oder letztlich in Form
von Uranoxid, aus der UAA Gronau um Atom¬müll handelt.
Mit o. g. Genehmigungsbescheid wurde vor zwei Jahren der Bau eines
Uranmüllzwischenlagers neben der Urananreicherungsanlage genehmigt;
auch dies verdeutlicht abermals, dass das abge¬reicherte Uranhexafluorid
Müll und kein Wertstoff ist.“
Und der BBU bietet der Staatsanwaltschaft noch weitere Hintergrundinformationen
zu den umstrittenen Urantransporten. So wird der Staatsanwaltschaft
zur Kenntnis gebracht, „(…) die Fachwelt aber geht zu
Urenco in immer stärkere kritische Distanz. So hat die DAU
GmbH, eine vom Bundesumweltministerium beliehene Aufsichts- und
Zustellungsstelle für im Rahmen des europäischen Umweltmanagementsystems
EMAS tätige Umweltgutachter, zu deren Gesellschafter u. a.
auch der BDI und der DIHK gehören, vor kurzem erst ein anlassbezogenes
Überprüfungsver¬fahren zur EMAS-Umwelterklärung
von Urenco Gronau abgeschlossen. Dabei wurden nicht hin¬nehmbare
Mängel in der Umwelterklärung von Urenco, die nach EU-Verordnung
der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden muss, festgestellt.
Urenco hatte nämlich bei den indirekten Umwelt¬aspekten
u. a. Uran-Transporte nach Russland verschwiegen. Gegen den Umweltgutachter
von Urenco hat die DAU deswegen ein Aufsichtsverfahren eingeleitet.
Urenco wurde verpflichtet, in seiner aktualisierten Form der Umwelterklärung
2006 die beanstandeten Mängel zu beseitigen.“
Der BBU fragt in seinem Brief die Staatsanwaltschaft: „Warum
verschweigt Urenco die Transporte nach Russland, wenn alles seine
Richtigkeit damit hat?“ Außerdem heißt es in dem
Brief des BBU weiter: „Hinterfragen sollten Sie auch die Rolle
von NRW-Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement. Clement war in
der Vergangenheit für den Ausbau der UAA zuständig und
hat erst kürzlich der Betreibergesellschaft Urenco eine Auszeichnung
als Top-Arbeitgeber überreicht. Gute Kontakte zwischen dem
Ex-Minister, der auch Ministerpräsident gewesen ist, und der
Urenco –bis heute- scheinen zu bestehen. Wie „gut“
sind die Kontakte? Hat Ex-Minister Clement in der Vergangenheit
Urantransporte von Gronau nach Russland gebilligt oder gar genehmigt,
die dann möglicherweise nie in den Genehmigungsbescheiden zum
Betrieb bzw. zur „Entsorgung“ der UAA Gronau auf¬tauchten?“
Am Ende seines Briefes bilanziert der BBU: „Wenn sich die
Staatsanwaltschaft derzeit nur auf das NRW-Wirtschaftsministerium
bezieht, bleibt festzuhalten, dass dieses aus der Sicht der Anti-Atomkraft-Bewegung
nicht nur als einseitig, son¬dern schlichtweg als befangen angesehen
wird. Schließlich war es in der Vergangenheit gerade das NRW-Wirtschaftsministerium,
das den Ausbau der Gronauer Uranfabrik befürwortet und die
Pro¬duktion des umstrittenen Uranmülls genehmigt hat.“
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