Oxfam und BBU warnen: Neuer Leitfaden
zur sozialen Verantwortung darf nicht zum Unternehmenszertifikat-Light“ werden
(Berlin, Bonn, 14 September 2010) Die Hilfs- und Entwicklungsorganisation
Oxfam und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz
(BBU) begrüßen den gestern verabschiedeten globalen
Leitfaden zur sozialen Verantwortung von Organisationen „ISO
26 000“. Gleichzeitig warnen sie aber vor einem Missbrauch
des Leitfadens als „Zertifikat-Light.“
„Erstmals gibt es einen globalen Kodex zur sozialen Verantwortung,
der von Nichtregierungsorganisationen (NGO), Regierungen, Gewerkschaften,
Verbrauchern und Unternehmen gemeinsam ausgehandelt wurde“,
sagt Dr. Franziska Humbert, Oxfams Expertin für Arbeitsrechte. „Das
ist ein großer Schritt nach vorn. Es wurden – auch
auf Druck von Oxfam – wesentliche Kernelemente sozialer Unternehmensverantwortung
aufgenommen. Die Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechten sowie
Umweltstandards gelten jetzt auch für Zulieferbetriebe. Neu
ist, dass Lieferanten faire Bezahlung erhalten müssen. Auch
tragen die Unternehmen nun Verantwortung für Heimarbeiter/innen
und Kinder, die z. B. in Pakistan Fußbälle für
die Europameisterschaft nähen.“
Problematisch ist hingegen, dass Unternehmen den Leitfaden als
ein „Gütesiegel“ für soziale Verantwortung
missbrauchen könnten. Schon heute böten Wirtschaftsprüfungs-
und Beratungsorganisationen Unternehmen eine „Zertifizierung" durch
ISO 26 000 an – wofür das Dokument nicht gedacht und
nicht geeignet ist. „Wie der Leitfaden in der Praxis verwendet
wird, ist kaum überprüfbar“, so Volkmar Lübke
vom BBU. Die Gewerkschaften haben daher sogar gegen die Verabschiedung
der Norm gestimmt.
Wolfgang Guhle, für Normung zuständiges Vorstandsmitglied
des BBU, erklärte, dass es ohne die Mitwirkung der Nichtregierungsorganisationen
nicht möglich gewesen wäre, die Öffentlichkeit schon
in der Startphase einer Norm über deren Stärken und Schwächen
und Missbrauchsmöglichkeiten zu informieren. „Die Umweltverbandsvertreter,
die beim DIN, dem Deutschen Institut für Normung, auch in
denjenigen Normungsausschüssen mitarbeiten, die sich mit Zertifizierung
befassen, werden darauf einwirken, dass mit dem Leitfaden kein
plumpes Greenwashing betrieben werden kann.“
Hintergrund
Seit 2004 verhandeln Vertreter von Regierungen, Gewerkschaften
Verbraucher-, Beratungs- und Nichtregierungsorganisationen, aus
Wirtschaft und Wissenschaft die ISO 26 000: Ziel ist, Menschen-
und Arbeitsrechte, Umwelt- und Verbraucherschutz und das jeweilige
regionale Umfeld bei der Übernahme von sozialer Verantwortung
zu verankern.
Oxfam Deutschland ist eine unabhängige Hilfs- und Entwicklungsorganisation,
die sich für eine gerechte Welt ohne Armut einsetzt. Im internationalen
Verbund Oxfam kooperieren 14 nationale Oxfam-Organisationen mit
mehr als 3.000 lokalen Partnerorganisationen in fast 100 Ländern.
Mehr unter www.oxfam.de
Der BBU ist der Dachverband zahlreicher Bürgerinitiativen,
Umweltverbände und Fördermitglieder. Er wurde 1972 gegründet
und hat seinen Sitz in Bonn. Informationen unter www.bbu-online.de
Für weitere Infos wenden Sie sich bitte an: Dr.
Franziska Humbert, Oxfam Deutschland, Mobil: 0171-2124106; Volkmar
Lübke, BBU, Mobil: 0172-5400582 |