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Offener Brief

An das
Ministerium für Umwelt und Verkehr
des Landes Baden-Württemberg
z. Hd. Herrn Minister Ulrich Müller

70173 Stuttgart

21. April 2002

Weiterer Skandal im En – BW – Atomkraftwerk Philippsburg durch Bestechung/Korruption / Ungeklärter Verbleib von Atom-Müll /
Fehlende Informationen über Konsequenzen beim Atomstrom-Unternehmen und im Umweltministerium !

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Sehr geehrter Herr Umweltminister Müller!

Dass im Atomkraftwerk Pilippsburg seit Mitte der 80er Jahre in schwerwiegendster Weise bis Ende 2001 gegen Sicherheits-Vorschriften verstoßen und dies weder vom mitzuständigen TÜV erkannt/aufgedeckt wurde und auch in Ihrem Ministerium unbemerkt blieb, hat in der Bundesrepublik Deutschland, ja auch in Europa großes Aufsehen erregt. Dabei wurde u. E. nicht nur das Ansehen des AKW-Betreibers En-BW, sondern auch das der Baden-Württembergischen Landesregierung, d.h. der Atom-Aufsicht Ihres Ministeriums schwer geschädigt, zumal Sie als eigentliche notwendige Konsequenz es leider unterließen, En-BW- die Betriebs-Genehmigung wegen fehlender Zuverlässigkeit und Fachkunde gemäss Vorschrift nach § 7 des Atom-Gesetzes zu entziehen.

Leider müssen wir Ihnen aufgrund eines Erinnerungshinweises nun mitteilen, dass sich Mitte der 80er Jahre ein weiterer Skandal-Fall in Form eines mehrjährigen Korruptions-Bestechungs-Vorgangs im AKW-Philipps-burg ereignete.

D.h. im Rahmen des europaweit bekannt gewordenen Atom-Müll-Skandals der "Trans-Nuklear, Hanau" (einer Nukem-Tochter mit Mehrheitsbeteili-gung RWE und Degussa) erhielten wir folgende zuverlässige Hinweise:

Der für Atom-Müllentsorgung zuständige verantwortliche Mitarbeiter des AKW-Philippsburg ließ sich bestechen bzw. korrumpieren, denn er erhielt von mindestens Mai 1983 bis Oktober 1986 durch den Beauftragten der Trans-Nuklear Hanau insgesamt mindestens ca. DM 366.000,-- und vergab daraufhin die von TN-Hanau gewünschten Aufträge, obwohl im AKW Philippsburg eine eigene Konditionierungsanlage vorhanden war, die aber zu Gunsten der TN einfach nicht genutzt wurde.

Hierbei soll es sich um Atommüll in z. T. flüssiger Form aber auch in fester Form gehandelt haben, der dann von TN Hanau zur belgischen Atom-Bearbeitungs-Anlage der SCK/CEN in Mol transportiert und dort z. T. verdampft, verbrannt bzw. verfestigt/komprimiert/konditioniert und deren Reste nach Deutschland zurücktransportiert wurden.

Nach unbestätigten Informationen hat die TN Hanau insgesamt ca. 4000 Fässer/Gebinde mit Atommüll (Höhe der darin enthaltenen Philippsburger Menge ist unbekannt) aus deutschen Anlagen nach Mol geliefert. Bei einer deutschen Stichproben-Kontrolle des in Mol bearbeiteten/verdichteten/ d. h. reduzierten Atom-Mülls (Prüfstelle/Fa. uns unbekannt), stellte sich dann u.a. heraus, dass es sich z. T. um Atommüll handelte, der z. T. Plutonium und andere Nuklide enthielt, als aus Deutschland nach Mol geliefert. Nachforschungen ergaben, dass in Mol Atommüll aus einem belgischen Störfall-Reaktor – vorschriftswidrig und auftragswidrig – beigemischt worden war. Weiter stellte sich heraus, dass Leitungs-Personal der belgischen Mol-Anlage ebenfalls von TN Hanau bestochen / korrumpiert wurde.

Nach Aufdeckung dieses deutsch-belgischen Atommüll-Skandals verfügte u. Erinnerung nach der damalige Bundesumweltminister Dr. Klaus Töpfer, dass jedes einzelne aus Mol zurückkommende Atommüll-Fass inhaltsmässig auf Radioaktivität und radioaktive Anteile im Kernforschungszentrum Karlsruhe bzw. Jülich untersucht werden sollte. Angeblich sind daraufhin ca. 120 Mol-Fässer untersucht worden, aber weitere Untersuchungen, angeblich aus Kostengründen, unterblieben.

 

Sehr geehrter Herr Umweltminister Müller!

Wir fordern Sie hiermit in Konsequenz der vorhergemachten Ausführungen ganz dringend auf, sofort eine ministerielle Untersuchung anzuordnen zwecks Klärung folgender Punkte:

  1. Fand eine Überprüfung des Bestechungs-/Korruptionsfalles statt, wenn ja durch wen? Z.B. Leitung/Vorstand des AKW Philippsburg, der Staatsanwaltschaft, Ihre Atom-Aufsicht und wegen Höhe der Schmiergelder von immerhin ca. DM 366.000,- die Steuerbehörde?
  2. Welche Konsequenzen wurden gezogen? Fristlose Entlassung des Philippsburger Atommüll-Verantwort-lichen und sonstige Massnahmen im Atom-Konzern z.B. AKW-Leitung und Vorstand und evtl. verbesserte Kontrolle Ihrer Atom-Aufsicht?
  3. Wo und welche Unterlagen existieren, wie viele Fässer / Emballagen und mit welchem radioaktiven Inhalt von TN-Hanau nach Mol oder sonst wo zur Volumenreduzierung gingen?
  4. Wieviel Fässer / Emballagen Atommüll-Mengen kamen aus Mol wohin zurück und wo werden zu welchen Kosten diese heute gelagert bzw. sollen wo endgelagert werden?
  5. Insbesondere bitten wir Sie zu prüfen, ob in beiden Philippsburger Skandalfällen evtl. Personengleichheit besteht?

 

Sehr geehrter Herr Umweltminister Müller!

Bitte nehmen Sie sich dieses 2. Skandalfalles des En-BW AKW Philippsburg

persönlich an, und geben Sie uns schnellstmöglich Nachricht über das Ergebnis Ihrer Nachforschung bzw. ggf. über Konsequenzen.

Mit freundlichem Gruß

BBU.e.V.

Eduard Bernhard (privat Phon 06027-8404 / Fax 06027-99184)
(Vorstandsmitglied u. atompolitischer Sprecher)