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Stellungnahme des BBU zum Entwurf der Verordnung über Deponien und Langzeitlager (Deponieverordnung - DepV)

Auf der Anhörung des BMU am 05.11.01 gab Herr Oliver Kalusch als Vertreter des BBU e.V. folgende Stellungnahme ab:

Die DepV ist hinsichtlich der nachstehenden aufgeführten Aspekte unzureichend. Der BBU lehnt den Verordnungsentwurf in der vorliegen Form daher ab.

1. Formale Einstufung

Der vorgelegte Verordnungsentwurf stellt aufgrund seiner zahlreichen Querverweise eine unübersichtliche Verbindung von direkt umgesetzten Bestimmungen der EU-Richtlinie 1999/31/EG über Abfalldeponien sowie von Verweisen auf die 2. AVwV (TA Abfall), die 3. AVwV (TA Siedlungsabfall) und die Abfallablagerungsverordnung (AbfAblV) dar. Hinsichtlich der Gesetzestechnik (insbesondere im Hinblick auf mögliche Änderungen der letzten drei Normen und sich daraus ergebende Rückwirkungen auf die DepV) sowie der Lesbarkeit der Verordnung wäre die Verabschiedung einer im wesentlichen aus sich selbst heraus erklärenden Norm zu begrüßen. Der Verordnungsentwurf sollte dementsprechend geändert werden.

Angesichts der zunehmenden Zahl von Verordnungen zum KrW-/AbfG wird zudem angeregt, diese wie bei den Verordnungen zum BImSchG zu nummerieren, um die Übersichtlichkeit zu erhöhen.

2. Einheitliche Behandlung von Deponien, Langzeitlagern und Kurzzeitlagern

In materieller Hinsicht werden durch die DepV Anforderungen an verschiedene in der Verordnung definierte Deponietypen und Langzeitlager festgelegt, die jedoch verfahrensrechtlich unterschiedlich behandelt werden.

Die Errichtung, der Betrieb oder die wesentliche Änderung einer Deponie bedarf gemäß § 31 Abs. 3 KrW-/AbfG grundsätzlich einer Planfeststellung mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung.

Die Errichtung eines Langzeitlagers (ortsfeste Abfallbeseitigungsanlage zur Lagerung von Abfällen) bedarf gemäß § 31 Abs. 1 KrW-/AbfG lediglich einer Genehmigung nach dem BImSchG. Entscheidend für die Genehmigungsbedürftigkeit nach dem BImSchG ist allerdings die Ein-Jahres-Frist (über die mittelbar die Eigenschaft "ortsfest" definiert wird) gemäß Nr. 8.14 des Anhangs zur 4. BImSchV. Zudem ist gemäß Nr. 8.9 der Anlage 1 zum UVPG ein Langzeitlager nur UVP-pflichtig, wenn die Abfälle besonders überwachungsbedürftig sind und die Aufnahmekapazität mindestens 10 Tonnen je Tag beträgt, bzw. die Gesamtlagerkapazität mindestens 150 Tonnen umfasst. Bei geringeren Mengen besonders überwachungsbedürftiger Abfälle oder bei nicht überwachungsbedürftigen Abfällen ist lediglich eine Vorprüfung erforderlich.

Bei Kurzzeitlagern (weniger als ein Jahr Lagerzeitraum) ist weder eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung noch eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich.

Die unterschiedliche Behandlung von Deponien, Langzeitlagern und Kurzeitlagern sollte aufgegeben werden. Die Erstellung eines Planfeststellungsverfahrens mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung sollte für alle drei Anlagenarten obligatorisch werden. Zudem sollten Kurzzeitlager in den Geltungsbereich der DepV einbezogen werden.

3. Deponietechnik und Sicherheitsphilosophie

Hinsichtlich der Deponietechnik bietet die DepV keine prinzipiellen Änderungen, sondern lediglich graduelle Modifikationen. Wie bisher wird der Abfall direkt auf der "geologischen Barriere" und dem Basisabdichtungssystem gelagert. Zentrales Element im Multibarrierenkonzept ist weiterhin die "Barriere" Abfall, zu der die geologische Barriere und das Basisabdichtungssystem hinzutreten. Die Ablagerung wird als endgültig betrachtet, so dass auch bei unvorhergesehenen Ereignissen keine Verlagerung vorgesehen oder möglich ist.

Erforderlich wäre jedoch eine andere Sicherheitsphilosophie für Deponien. Die Deponie müßte kontrollierbar und reparierbar konzipiert sein, die Abfälle müssten bei einer fehlenden Wirksamkeit von Reparaturmaßnahmen im Schadensfall gegebenenfalls zurückgeholt und an anderer Stelle wieder abgelagert werden können. Eine Aufteilung der Deponie in einzelne Kassetten wäre hierbei sinnvoll. Die Sohle der Deponie sollte begehbar sein, ihre einzelnen Abschnitte sollten einer separaten Kontrolle unterliegen und ihre getrennten Abschnitte sollten an einen anderen Ort verbracht werden können. Die einzelnen Abschnitte sollten zudem von möglichst homogener Zusammensetzung gemäß dem Prinzip einer Monodeponie ausgelegt sein.

Es ist nicht ersichtlich, wie der Verordnungsentwurf den Ansprüchen der Reparierbarkeit und Rückholbarkeit gerecht werden soll oder kann.

Zudem müssten mögliche Störfallszenarien für Deponien ermittelt und berücksichtigt werden, sowie konkrete Maßnahmen festgelegt werden, wie diese Störfälle verhindert oder ihre Auswirkungen beschränkt werden können. Die Formulierung in § 4 Abs. 1 Nr. 3 DepV, wonach die Organisation einer Deponie so auszugestalten ist, dass Unfälle vermieden und eventuelle Unfallfolgen begrenzt werden, ist hierfür nicht ausreichend. Auch die Regelung des § 11 Abs. 3 S. 2 DepV, nach der Maßnahmen, die im Fall des Überschreitens von Auslöseschwellen i. S. d. § 11 Abs. 2 DepV oder beim Eintritt von Störungen, die zu einer erheblichen Abweichung vom ordnungsgemäßen Deponiebetrieb führen zu treffen sind, vom Deponiebetreiber in Notfallplänen zu beschreiben sind, die gemäß § 11 Abs. 3 S. 3 DepV der zuständigen Behörde vorzulegen sind, ist unzureichend. Denn für diese Notfallpläne sind keine inhaltlichen Anforderungen festgelegt. Dies kann auch nicht durch die Pflicht der Behörde behoben werden, im Planfeststellungsbeschluss oder der Plangenehmigung die Anforderungen an die Notfallpläne gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 8 DepV festzulegen, da auch für diese Festlegung keine Kriterien aufgeführt sind.

Die in § 2 Nr. 2 DepV festgelegte Auslöseschwelle zum Grundwasserschutz sollte zudem konkretisiert werden. Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers sollten bereits ergriffen werden, wenn Schadstoffkonzentrationen über dem ubiquitären Wert bzw. dem in der Region üblichen Hintergrundwert (ohne Vorliegen einer Belastung) liegen. Diese Werte können durchaus unterhalb der Prüfwerte der BBodSchV liegen. Die Möglichkeit der Festlegung von Prüf- und Maßnahmenwerten oberhalb dieser Konzentrationen durch die zuständige Behörde gemäß § 11 Abs. 2 DepV sollte ausgeschlossen werden.

4. Behandlung der Abfälle

Gemäß § 7 S. 1 DepV sind Abfälle - von den Ausnahmen des § 7 S. 2 DepV abgesehen - vor der Ablagerung zu behandeln. § 2 Nr. 3 DepV definiert "Behandlung" als "physikalische, thermische, chemische oder biologische Verfahren oder Verfahrenskombinationen" mit besonderen Eigenschaften. Aus ökologischen Gründen ist der durch diese Regelung erzeugte Druck in Richtung Müllverbrennung abzulehnen. Das Wort thermisch sollte daher ersatzlos gestrichen werden.

5. Untertagedeponierung

Gemäß § 7 Nr. 4 DepV brauchen Abfälle, die in einer Deponie der Klasse IV abgelagert werden, nicht behandelt werden. Angesichts der besonderen Bedeutung, die der "Barriere" Abfall im Rahmen des Multibarrierenkonzepts zukommt, sollte jedoch auf diese Pflicht (mit Ausnahme thermischer Verfahren) nicht verzichtet werden.

6. Untergrundvoraussetzungen und Dichtungssysteme

Durch § 3 DepV und Anhang 1 DepV werden für Deponien auf Grund der Deponierichtlinie der EU die Qualitätsanforderungen an die geologische Schicht gegenüber den entsprechenden Regelungen der TA Abfall und der TA Siedlungsabfall verschärft. Dies ist zu begrüßen.

Abzulehnen ist jedoch, dass die Anforderungen an das Basisabdichtungssystem gegenüber der TA Abfall und der TA Siedlungsabfall durch die nationale Entscheidung reduziert werden sollen. Basisabdichtungssysteme der bisherigen Art sind als Stand der Technik anzusehen. Ein Rückall hinter den einmal erreichten Standard ist abzulehnen. Die Bestimmungen der EU-Deponieverordnung sollten in diesem Punkt kummulativ zu den bisherigen Regelungen hinzutreten.

7. Annahmekriterien

Gemäß § 8 Abs. 3 DepV dürfen verfestigte oder stabilisierte Abfälle auf Deponien der Klassen Ia, Ib, II oder III abgelagert werden, wenn sie die entsprechenden Zuordnungswerte für die einzelnen Deponieklassen einhalten und der Anlieferer dem Deponiebetreiber nachweist, dass die Verfestigungs- oder Stabilisierungswirkung unter Ablagerungsbedingungen langfristig erhalten bleibt. Diese Regelung ist unpräzise und erscheint nicht praktikabel. Weder ist definiert, was in diesem Zusammenhang als "langfristig" anzusehen ist, noch wie diese "Langfristigkeit" bestimmt wird. Hinzu kommt, dass der Nachweis hierüber nicht der zuständigen Behörde sondern lediglich dem Deponiebetreiber vorzulegen ist. Auch in § 10 Abs. 1 Nr. 8 DepV erfolgt keine nähere Konkretisierung. § 8 Abs. 3 DepV sollte daher gestrichen werden. Angesichts der Problematik der Langzeitstabilität und des langfristigen Auslaugverhaltens verfestigter Abfälle sollte an diese Stelle eine Passage treten, durch die geregelt wird, dass für die Ablagerung bestenfalls die Eigenschaften zur Grundlage gemacht werden können, die die Abfälle vor dieser Behandlung gehabt haben.

Ähnlich ist § 8 Abs. 5 DepV zu beurteilen, wonach flüssige Abfälle auf einer Monodeponie abgelagert werden dürfen, wenn der Abfallbesitzer dem Deponiebetreiber nachweist, dass der Abfall unter Ablagerungsbedingungen kurzfristig soweit konsolidiert oder sich verfestigt, dass der jeweilige Zuordnungswert für die Festigkeit nach Anhang 3 Nr. 1 DepV, nach Anhang 1 Nr. 1 AbfallAblV oder Anhang 2 Nr. 1 AbfallAblV eingehalten. Angesichts der unklaren Bewertungskriterien, die auch in § 10 Abs. 1 Nr. 9 DepV keine nähere Konkretisierung erfahren, sollte dieser Absatz gestrichen werden.

Zudem sollte das Vermischungsverbot uneingeschränkt gelten. § 8 Abs. 6 S. 2 DepV sollte daher gestrichen werden.

8. Antrag, Anzeige, Planfeststellungsbeschluss und Plangenehmigung

§ 20 Abs. 1 S. 2 DepV regelt den Inhalt eines Genehmigungsantrags für die Errichtung, den Betrieb und die wesentliche Änderung einer Deponie. Für anzeigebedürftige Änderungen gemäß § 20 Abs. 2 DepV und die Anzeige einer Stillegung gemäß § 20 Abs. 3 DepV gilt § 20 Abs. 1 S. 2 DepV entsprechend.

In § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 DepV ist festgelegt, dass die Beschreibung der Abfälle nach Art, Menge und Beschaffenheit zu erfolgen hat. Um sicherzustellen, dass das toxische Potential einer Deponie und der abzulagernden Substanzen bereits im Vorfeld erfasst wird, sollte festgelegt werden, dass die Inhaltsstoffe, Konzentration und die Toxizität sämtlicher Abfälle vollständig angegeben werden.

Zudem sollten die von der Deponie ausgehenden Emissionen und die in der Umgebung zu erwartenden Immissionen prognostiziert werden. Die Regelung des § 11 Abs. 4 DepV ist hierfür nicht ausreichend, da sie lediglich die Immissionskontrolle einer in Betrieb befindlichen Deponie regelt.

Die gemäß § 11 Abs. 3 S. 2 DepV vorgeschriebenen Notfallpläne sollten zudem zugleich mit dem Antrag vorgelegt werden müssen.

Diese Charakterisierung der Abfälle, der Emissionen und der Immissionen sollte auch in den Katalog der von der Behörde im Planfeststellungsbeschluss oder der Plangenehmigung festzulegenden Inhalte gemäß § 22 Abs. 1 DepV aufgenommen werden.

Die Notfallpläne gemäß § 11 Abs. 3 S. 2 DepV sollten gleichfalls Bestandteil der behördlichen Entscheidung werden.