Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V.
Prinz-Albert-Str. 73, 53113 Bonn,
Fon 0228-21 40 32, Fax 0228-21 40 33
BBU

 

 

Home
Übersicht

Stellungnahme des BBU zum Entwurf der Verordnung zur Änderung der 17., der 9., der 4. und der 1. Verordnung zur Durchführung der Bundes-Immissionsschutzgesetzes
(Datum des Verordnungsentwurfs: 17. 04. 2002)

Auf der Anhörung des BMU am 09.07.02 gab Herr Oliver Kalusch als Vertreter des BBU e.V. folgende Stellungnahme ab:

A. Grundsätzliche Einschätzung

Kernpunkt des vorgelegten Verordnungsentwurfs ist die Änderung der Verordnung über Verbrennungsanlagen für Abfälle und ähnliche brennbare Stoffe (17. BImSchV), wie sich aus Artikel 1 des Entwurfs ergibt. Die durch die übrigen Artikel beabsichtigten Änderungen der 9. BImSchV (Artikel 2), der 4. BImSchV (Artikel 3) und der 1. BImSchV (Artikel 4) sind dem gegenüber von nachgeordneter Bedeutung.

Ziel des Vorhabens soll gemäß dem Vorblatt der Verordnung die Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie 2000/76/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. 12. 2000 über die Verbrennung von Abfällen in bundesrepublikanisches Recht sein. Die Richtlinie über die Verbrennung von Abfällen ist gemäß Art. 21 Abs. 1 S. 1 dieser europarechtlichen Norm durch nationale Rechts- und Verwaltungsvorschriften umzusetzen.

Gemäß Art. 176 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft werden die Mitgliedstaaten durch europäische Regelungen zum Umweltschutz jedoch nicht daran gehindert, "verstärkte Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen". Es wäre der Bundesregierung mithin möglich gewesen, eine grundsätzliche Änderung der bisherigen Müllverbrennungspolitik einzuleiten. Diese Chance wurde verpasst.

So wäre es aus ökologischen Gründen geboten gewesen, ein Konzept zum Ausstieg aus der Müllverbrennung vorzulegen und mit der Umsetzung zu beginnen. Ein Verbot der Verbrennung von Abfällen und abfallähnlichen Substanzen in industriellen Anlagen hätte ein wesentlicher Teil sein müssen. Schritte in diese Richtung sind nicht erkennbar.

Unabhängig davon hat der vorgelegte Entwurf zur Änderung der 17. BImSchV vor allem zwei wesentliche Mängel. Erstens entsprechen die Emissionsgrenzwerte nach wie vor nicht dem Stand der Technik. Zweitens enthält der Verordnungsentwurf eine Vielzahl von einschränkenden Regelungen und Ausnahmebestimmungen, die im Ergebnis zu einer in wesentlichen Teilen löchrigen Norm führen. Als Minimum sollten zumindest diese beiden Mängel behoben werden.

Der vorgelegte Änderungsentwurf zur 17. BImSchV wird daher abgelehnt.

B. Detailbetrachtung

Im Detail enthält die Artikelverordnung gravierende Mängel, die nachfolgend skizziert werden.

1. Geltungsbereich der Verordnung

So ist bereits der Geltungsbereich der Verordnung zu eng gefasst.

a) Beschränkung auf genehmigungsbedürftige Anlagen

(§ 1 Abs. 1 S. 1 der 17. BImSchV)

Die 17. BImSchV soll sich auch in der geänderten Fassung lediglich auf Anlagen, die der Genehmigungspflicht i. S. d. 4. BImSchV unterliegen, erstrecken. Da von Verbrennungs- und Mitverbrennungsanlagen grundsätzlich ein erhebliches Gefahrenpotential ausgeht, ist diese Einschränkung abzulehnen. Der Halbsatz in § 1 Abs. 1 S. 1 der 17. BImSchV "soweit sie nach § 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in Verbindung mit der genannten Verordnung genehmigungsbedürftig sind" sollte daher gestrichen werden.

In diese Richtung gehen auch die Begriffbildungen der EU-Richtlinie 2000/76/EG, die gemäß Art. 2 Abs. 1 Verbrennungsanlagen umfasst. Gemäß Art. 3 Nr. 4 der Richtlinie ist eine "Verbrennungsanlage" "jede ortsfeste oder nicht ortsfeste technische Einheit oder Anlage, die zur thermischen Behandlung von Abfällen mit oder ohne Nutzung der entsprechenden Verbrennungswärme eingesetzt wird". Dieser umfassende Geltungsbereich sollte sich auch in der nationalen Umsetzung durch die 17. BImSchV widerspiegeln.

b) Beschränkung des Stoffkatalogs (§ 1 Abs. 1 S. 1 der 17. BImSchV)

Gemäß der Begründung (Lit. B., zu Artikel 1, zu Nr. 1 Buchstabe a) des Verordnungsentwurfs sollte mit der Berücksichtigung der "in Behältern gefassten gasförmigen Abfälle" eine Änderung der 4. BImSchV bei Nr. 8.1. des Anhangs zur 4. BImSchV nachvollzogen werden.

Diese Anpassung an Nr. 8.1 des Anhangs zur 4. BImSchV ist unzureichend. So sind unter dieser Nummer weitere Stoffe und Anlagen aufgeführt. Hierunter fallen insbesondere Deponiegas mit brennbaren Anteilen (Nr. 8.1. Spalte 1 lit. a des Anhangs zur 4. BImSchV), mit oder ohne brennbare Anteile sowie andere (d. h. nicht in Behältern gefasste) gasförmige Stoffe. Die Charakterisierung "in Behältern gefasste" sollte daher gestrichen werden; Deponiegas sollte explizit hinzugefügt werden.

c) Ausnahmen für bestimmte Anlagenarten (§ 1 Abs. 3 der 17. BImSchV)

Die Herausnahme von bestimmten Anlagen aus dem Geltungsbereich der 17. BImSchV ist in § 1 Abs. 3 des Verordnungsentwurfs vorgesehen. Für diese Ausnahmeregelungen ist kein sachlicher Grund erkennbar. Die Umsetzung der EU-Richtlinie 2000/76/EG ist hierfür keine hinreichende Begründung, da es der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 176 EGV möglich ist, aus Gründen des Umweltschutzes auf die Ausnahmeregelung des Art. 2 Abs. 2 lit. b der EU-Abfallverbrennungsrichtlinie zu verzichten und einen erweiterten Anwendungsbereich festzulegen. Eine Herausnahme bestimmter Anlagen sollte unterbleiben.

d) Ausnahmen für Forschungs- und Entwicklungsanlagen (§ 1 Abs. 4 der 17. BImSchV)

Gemäß des neu eingefügten § 1 Abs. 4 der 17. BImSchV soll die Verordnung keine Anwendung für Verbrennungs- oder Mitverbrennungseinheiten finden, die für Forschungs-, Entwicklungs- und Prüfzwecke zur Verbesserung des Verbrennungsprozesses weniger als 50 Tonnen Abfälle im Jahr behandeln. Auch für diese Ausnahmeregelung ist kein sachlicher Grund ersichtlich. Es ist insbesondere auf Grund des Art. 176 EGV möglich, von der Umsetzung von Art 2 Abs. 2 lit. b der EU-Abfallverbrennungsrichtlinie abzusehen. § 1 Abs. 4 des Verordnungsentwurfs sollte daher entfallen.

e) Begriff der Mitverbrennungsanlage (§ 2 Nr. 7 der 17. BImSchV)

Der Begriff der Mitverbrennungsanlage sollte anders gefasst werden.

Für das Vorliegen einer Verbrennungsanlage ist es gemäß § 2 Nr. 6 S. 1 des Verordnungsentwurfs erforderlich, dass die Anlage dazu bestimmt ist, thermische Verfahren zur Behandlung von Einsatzstoffen nach § 1 Abs. 1 der 17. BImSchV zu verwenden.

Für eine Mitverbrennungsanlage ist es gemäß § 2 Nr. 7 S. 1 HS. 1 des Verordnungsentwurfs eine notwendige Voraussetzung, dass es sich um eine "Anlage, deren Hauptzweck in der Energieerzeugung oder der Produktion stofflicher Erzeugnisse besteht", handelt.

Insofern davon ausgegangen werden sollte, dass durch diese drei Charakterisierungen (Behandlung, Energieerzeugung, Produktion stofflicher Erzeugnisse) praktisch jede Anlage umfasst wird, ist die Verwendung des Begriffs "Anlage" in § 2 Nr. 7 S. 1 HS. 1 der 17. BImSchV ausreichend und jede weitere Hinzufügung entbehrlich. Insofern man die Ansicht vertritt, dass es Anlagen gibt, die von diesen Beschreibungen nicht umfasst werden, ist nicht einsehbar, warum diese Anlagen vom Geltungsbereich der 17. BImSchV ausgenommen werden sollten. In diesem Fall wäre die alleinige Charakterisierung als "Anlage" in § 2 Nr. 7 S. 1 HS. 1 der 17. BImSchV weitreichender und sachlich geboten.

Zudem sollte die Einbringung von Abfällen oder abfallähnlichen Stoffen in einen thermischen Prozess - ohne die Bezugnahme auf den Zweck als regelmäßiger oder zusätzlicher Brennstoff (§ 2 Nr. 7 S. 1 HS. 2 Alt. 1 der 17. BImSchV) - als entscheidendes Kriterium für die Charakterisierung als Mitverbrennungsanlage festgelegt werden. Dies sollte durch eine andere Formulierung von § 2 Nr. 7 S. 1 der 17. BImSchV klargestellt werden.

§ 2 Nr. 7 S. 1, 2 der 17. BImSchV sollten daher die folgende Form erhalten:

"Mitverbrennungsanlagen

jegliche Anlagen

  • in denen Einsatzstoffe nach § 1 Abs. 1 als regelmäßiger oder zusätzlicher Einsatzstoff im Rahmen thermischer Prozesse verwendet werden,
  • in denen die bei der Pyrolyse oder Vergasung von Abfällen entstehenden festen, flüssigen oder gasförmigen Stoffe als regelmäßiger oder zusätzlicher Brennstoff verwendet werden oder
  • in denen Einsatzstoffe nach § 1 Abs. 1 mit dem Ziel der Beseitigung thermisch behandelt werden.

Falls die Mitverbrennung in einer Weise erfolgt, dass der Hauptzweck der Anlage in der thermischen Behandlung von Abfällen besteht, gilt die Anlage als Verbrennungsanlage im Sinne der Nummer 6."

Da insbesondere die in der EU-Verbrennungsanlagenrichtlinie aufgeführte Definition der Mitverbrennungsanlage (Art. 3 Nr. 5 der Richtlinie) von dieser Definition der Mitverbrennungsanlage umfasst wird, kann sie auf Grund des Art. 176 EGV in der 17. BImSchV festgelegt werden.

f) Ausnahmeregelungen für bestimmte Mitverbrennungsanlagen

Die Ausnahmeregelung hinsichtlich eines Feuerungswärmeleistungsanteils von bis zu 25 % und aufbereiteter Siedlungsabfälle gemäß § 1 Abs. S. 1 wird abgelehnt. Es ist kein sachlicher Grund für die Privilegierung derartiger Mitverbrennungsanlagen erkennbar. Aus ökologischen Gründen sollte zumindest eine Gleichbehandlung aller Mitverbrennungsanlagen erfolgen.

 

2. Anlieferung und Zwischenlagerung der Einsatzstoffe

Die Regelungen hinsichtlich der Anlieferung und Zwischenlagerung der Einsatzstoffe sind unzureichend und fallen zum Teil hinter die bisherigen Anforderungen der 17. BImSchV zurück.

a) Der Bunker (§ 3 Abs. 1 S. 1 der 17. BImSchV)

Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 des Verordnungsentwurfs sind Anlagen für die Verbrennung von festen Einsatzstoffen nach § 1 Abs. 1 der 17. BImSchV mit einem Bunker auszurüsten, in dem der Luftdruck durch Absaugung im Schleusenbereich oder im Bunker möglichst kleiner als der Atmosphärendruck zu halten ist.

Die Begründung des Verordnungsentwurfs führt hierzu aus (zu Nummer 3 Buchstabe b): "Die Änderung dient der Klarstellung des Gewollten". Real bedeutet die Änderung eine Abschwächung der bisherigen Regelung, die eine zwingende Vorschrift darstellte. Es ist nicht erkennbar, dass mit der bisherigen Regelung etwas anderes bezweckt war. Mithin ist das Wort "möglichst" im Verordnungsentwurf zu streichen.

Gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 der 17. BImSchV ist die aus dem Schleusenbereich bzw. dem Bunker abgesaugte Luft der Feuerung zuzuführen. Eine besondere Regelung ist bei der Außerbetriebnahme der Feuerung vorgesehen. Bisher sind "Maßnahmen nach näherer Bestimmung der zuständigen Behörden durchzuführen, insbesondere Ableitung der abgesaugten Luft über den Schornstein" (§ 3 Abs. 1 S. 3 der 17. BImSchV). Die Mindestanforderung der Ableitung über den Schornstein soll nun entfallen, so dass hinsichtlich der Art der und Weise der Ableitung der abgesaugten Luft bei einer Außerbetriebnahme der Feuerung keine klaren Festlegungen mehr existieren.

Erforderlich wäre hingegen die Festlegung, dass auch bei Ausfall der Feuerung die aus dem Bunkerbereich abgesaugte Luft nach dem Stand der Technik gefiltert und anschließend geregelt über den Schornstein emittiert wird. Insbesondere die Streichung der Worte "über den Schornstein" ist daher abzulehnen. Zudem sollte die Pflicht, Maßnahmen zur ergreifen, nicht von einer "Bestimmung der zuständigen Behörde" abhängig sein, sondern verbindlich in der Verordnung festgelegt werden.

Hinsichtlich der Früherkennung von Bunkerbränden ist eine Abschwächung der bisherigen Regelung vorgesehen. Gemäß § 3 Abs. 2 der 17. BImSchV in der derzeit gültigen Fassung sind Bunker "in geeigneter Weise zu überwachen, insbesondere mit Einrichtungen zur automatischen Brandüberwachung." In der neuen Fassung soll "insbesondere mit Einrichtungen zur automatischen Brandüberwachung" durch "beispielsweise durch automatische Brandüberwachungseinrichtungen" ersetzt werden. Damit würde aus einer zwingenden Regelung lediglich eine fakultative Bestimmung einer automatischen Brandüberwachung werden. Diese Reduktion der Anforderungen sollte unterbleiben.

b) Maßnahmen zum Boden- und Grundwasserschutz (§ 3 Abs. 6 der 17. BImSchV)

Gemäß der geplanten Fassung des § 3 Abs. 6 S. 1 der 17. BImSchV sind Verbrennungs- und Mitverbrennungsanlagen einschließlich der dazugehörigen Abfalllagerflächen "so auszulegen, zu errichten und zu betreiben, dass ein unerlaubtes und unbeabsichtigtes Freisetzen von Schadstoffen in den Boden, in das Oberflächenwasser und das Grundwasser vermieden wird".

Zur Klarstellung sollte der Begriff der Abfalllagerfläche" durch "Lagerfläche für Stoffe gemäß § 1 Abs. 1" ersetzt werden, damit auch abfallähnliche Stoffe umfasst werden.

Die bisherige Regelung des § 3 Abs. 6 S. 1 der 17. BImSchV macht das Vermeidungsgebot nicht vom "unerlaubten und unbeabsichtigten Freisetzen" von Schadstoffen abhängig. Statt dessen hat die Errichtung und der Betrieb von Anlagen so zu geschehen, "dass Schadstoffe nicht in den Boden oder das Grundwasser eindringen können". In der neuen Fassung sollte daher "unerlaubt und unbeabsichtigt" gestrichen werden, um einen weiten Anwendungsbereich der Regelung beizubehalten.

Selbst wenn diese nicht erfolgt, ist § 3 Abs. 6 S. 1 des Novellierungsentwurfs der 17. BImSchV überarbeitungsbedürftig. An die Stelle von "unerlaubtes und unbeabsichtigtes Freisetzen" sollte "unerlaubtes oder unbeabsichtigtes Freisetzen" treten. Ansonsten würde das Vermeidungsgebot nicht greifen, wenn Schadstoffe unerlaubt, aber beabsichtigt freigesetzt werden.

c) Weiter bestehende Ausnahmeregelungen

Die bisher noch bestehende Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 3 der 17. BImSchV, die zur Unanwendbarkeit des § 3 Abs. 1 der 17. BImSchV führte, soweit die Einsatzstoffe der Verbrennung ausschließlich in geschlossenen Einwegbehältnissen oder aus Mehrwegbehältnissen zugeführt werden, sollte ersatzlos gestrichen werden.

Gleiches gilt für die Ausnahmeregelung des § 19 Abs. 2 der 17. BImSchV, nach der die zuständige Behörde unter bestimmten Bedingungen Anlagen ohne Abfallbunker oder eine teilweise offene Bunkerweise abweichend von § 3 Abs. 1 der 17. BImSchV zulassen kann.

Zur Durchsetzung eines optimalen Explosionsschutzes sollten zudem in § 3 Abs. 4 der 17. BImSchV hinter "andere geeignete Maßnahmen" die Worte "oder weitergehende Maßnahmen" eingefügt werden.

d) Privilegierung von Mitverbrennungsanlagen

Gemäß § 1 Abs. 2 der 17 BImSchV gelten bei Mitverbrennungsanlagen § 3 Abs. 1 bis 5 der 17 BImSchV nicht, wenn der zulässige Anteil der Einsatzstoffe gemäß § 1 Abs. 1 der 17. BImSchV an der jeweils gefahrenen Feuerungswärmeleistung einer Verbrennungseinheit einschließlich des für die Verbrennung benötigten Brennstoffs nicht mehr als 25% beträgt und keine unaufbereiteten gemischten Siedlungsabfälle eingesetzt werden.

Ein sachlicher Grund für die Privilegierung bestimmter Mitverbrennungsanlagen ist nicht erkennbar. Die Ausnahmeregelung sollte daher gestrichen werden.

 

3. Betriebsbedingungen und Feuerung (§ 4 der 17. BImSchV)

Die Regelungen hinsichtlich der Betriebsbedingungen und der Feuerung sind unzureichend und fallen zum Teil hinter die bisherigen Anforderungen der 17. BImSchV zurück.

a) Privilegierung von Mitverbrennungsanlagen

Gemäß § 1 Abs. 2 der 17. BImSchV finden bei Mitverbrennungsanlagen hinsichtlich der Feuerungsregelungen lediglich § 4 Abs. 1, 5 Nr. 3 und Abs. 6 der 17. BImSchV Anwendung, wenn der zulässige Anteil der bei der Verbrennung eingesetzten Abfälle oder abfallähnlichen Stoffen an der jeweils gefahrenen Feuerungswärmeleistung einer Verbrennungseinheit einschließlich des für die Verbrennung benötigten zusätzlichen Brennstoffs 25% nicht übersteigt.

Wird dieser Prozentsatz erreicht oder überschritten gelten die Vorschriften des § 4 der 17. BImSchV uneingeschränkt. Dies gilt insbesondere bei den Regelungen für den Ausbrand (§ 4 Abs. 1 der 17. BImSchV) und die Zusatzbrenner (§ 4 Abs. 4 der 17. BImSchV).

Die nun vorgesehenen Regelungen über den Ausbrand (§ 4 Abs. 1 des Verordnungsentwurfs) und die Zusatzbrenner (§ 4 Abs. 4 des Verordnungsentwurfs) gelten ausweislich des Wortlauts jedoch nur noch für Verbrennungsanlagen und nicht für Mitverbrennungsanlagen (unabhängig von Unter- oder Überschreitung der 25%-Grenze). Um nicht hinter die bisherigen Regelungen zurück zu fallen, ist in § 4 Abs. 1, Abs. 4 der Neufassung der 17. BImSchV jeweils statt des Begriffs "Verbrennungsanlage" die Bezeichnung "Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage" zu wählen. Um eine verständliche Regelung zu gewährleisten, sollte in diesem Zusammenhang auch in § 1 Abs. 1 S. 2. a. E. des Novellierungsentwurfs der vorgesehene Halbsatz durch die Formulierung "so gelten für Mitverbrennungsanlagen die spezifischen Anforderungen gemäß § 3 Abs. 1 bis 5 und § 4 Abs. 4 nicht" ersetzt werden.

b) Temperatur der Verbrennungsgase

Bei der Verbrennung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen mit einem Halogengehalt aus halogenorganischen Stoffen von mehr als 1 Gewichtsprozent muss die Mindesttemperatur der Verbrennungsgase, die bei der Verbrennung entstehen, 1100 °C betragen. Dies soll gemäß dem Verordnungsentwurf sowohl für Verbrennungsanlagen (§ 4 Abs. 2 S. 2 der 17 BImSchV) wie auch für Mitverbrennungsanlagen (§ 4 Abs. 6 S. 2 der 17. BImSchV) gelten. Damit sind alle nicht besonders überwachungsbedürftige Abfälle sowie besonders überwachungsbedürftige Abfälle mit einem Halogengehalt unter 1 Gewichtsprozent von dieser Anforderung ausgenommen. Hier ist lediglich eine Verbrennungstemperatur von 850 °C vorgesehen.

Bisher waren lediglich Hausmüll, hausmüllähnliche Abfälle, Klärschlamm, krankenhausspezifische Abfälle sowie andere Einsatzstoffe mit einem Halogengehalt aus halogenorganischen Stoffen unter 1% in dieser Weise privilegiert. Dies galt für Verbrennungsanlagen (§ 4 Abs. 2 S. 1,2 der 17. BImSchV) und für Mitverbrennungsanlagen mit einem Abfallanteil und abfallähnlichen Anteil von mehr als 25 %. Bei sonstigen Mitverbrennungsanlagen fand die Temperaturregelung des § 4 Abs. 2 der 17. BImSchV keine Anwendung.

Durch die nun geplante Regelung wird der Katalog der privilegierten Stoffe erheblich erweitert. Dies ist abzulehnen, da auch die privilegierten Einsatzstoffe zu erheblichen Emissionen führen können.

Doch auch für die bisherige Ausnahmeregelung ist kein sachlicher Grund erkennbar. Daher sollte für die Verbrennung aller Substanzen eine einheitliche Mindesttemperatur festgelegt werden. Diese sollte jedoch nicht 1100 °C sondern 1200 °C betragen. Ansonsten würde die Neufassung der 17. BImSchV sogar hinter die Anforderung der Nr. 3.3.8.1.1 der TA Luft aus dem Jahr 1986 zurückfallen.

Insbesondere wird die Regelung abgelehnt, dass für alle nicht besonders überwachungsbedürftigen Abfälle sowie Abfälle mit einem Halogengehalt unter 1 Gewichtsprozent lediglich eine Mindesttemperatur von 850 °C gelten soll (§ 4 Abs. 2 S. 1 für Verbrennungsanlagen; § 4 Abs. 6 S. 1 der 17. BImSchV).

Die Ausnahmeregelungen zur Reduzierung der Mindesttemperaturen und Verweilzeiten bei Verbrennungsanlagen (§ 4 Abs. 3 der 7. BImSchV) und Mitverbrennungsanlagen (§ 4 Abs. 7 der 17. BImSchV) sollten gestrichen werden, um die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte durch technische Anforderungen sicher zu garantieren.

 

4. Emissionsgrenzwerte

Bei der Betrachtung der Emissionsgrenzwerte müssen Grenzwerte für unterschiedliche Anlagenkategorien unterschieden werden.

a) Grenzwerte gemäß § 5 Abs. 1 der 17. BImSchV

Für Verbrennungsanlagen gelten die Emissionsgrenzwerte des § 5 Abs. 1 der 17. BImSchV.

Die meisten Mitverbrennungsanlagen, deren zulässiger Anteil der Einsatzstoffe gemäß § 1 Abs. 1 der 17. BImSchV an der jeweils gefahrenen Feuerungswärmeleistung einer Verbrennungseinheit einschließlich des für deren Verbrennung benötigten Brennstoffs mindestens 25 % beträgt, müssen gleichfalls die Emissionsgrenzwerte des § 5 Abs. 1 der 17. BImSchV für Verbrennungsanlagen einhalten (§ 5 Abs. 3 S. 2 des Novellierungsentwurfs).

Beim Einsatz unaufbereiteter gemischter Siedlungsabfälle gelten für Mitverbrennungsanlagen die nach § 5 Abs. 1 des Novellierungsentwurfs festgelegten Grenzwerte für Verbrennungsanlagen (§ 5 Abs. 4 des Entwurfs).

Für Verbrennungsanlagen geben insbesondere die in § 5 Abs. 1 der 17. BImSchV festgelegten Tagesmittelwerte nicht den Stand der Technik, wie er in der Literatur und in Genehmigungsbescheiden dargestellt wird. Beim Vergleich zwischen den Emissionsgrenzwerten gemäß § 5 Abs. 1 des Verordnungsentwurfs und dem Stand der Technik ergibt sich das folgende Bild:

 

 

Stoff

Novellierungs-entwurf

Stand der Technik

Staub/(mg/m3)

10

0,5

C-organisch/(mg/m3)

10

1

HCl/(mg/m3)

10

0,5

HF/(mg/m3)

1

0,1

SO2/SO3/(mg/m3)

50

2

NO/NO2/(mg/m3)

200

10

CO/(mg/m3)

50

10

Cd + Tl/(µg/m3)

50

10

Hg/(µg/m3)

30

5

Summe Schwermetalle nach c) /(µg/m3)

500

100

TCDD-TE/(ng/m3)

0,1

0,05

Hierbei bezieht sich der Staubemmissionswert nach dem Stand der Technik lediglich auf konventionelle Filtersysteme. Nachgeschaltete Kompaktentstauber sind in der Lage in einer ersten Stufe die Abgase bis auf 100 µg/m3 und in einer zweiten Stufe bis auf 0,1 µg/m3 zu filtern.

Zwar ist zu begrüßen, dass zukünftig auch verschiedene PCB-Kongenere zur Berechnung des Summenwertes für PCCD und PCDF mit einbezogen werden sollen (Anhang I). Dies ist jedoch nicht hinreichend. Es müssten zusätzlich bromierte, fluorierte, jodierte und nitrierte sowie gemischthalogenierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane in die Summenbildung mit einbezogen werden.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Einfügung eines Buchstaben c) nach Buchstabe b) in § 5 Nr. 3 der 17. BImSchV nur dann Sinn macht, wenn der bisherige Buchstabe c) zum neuen Buchstaben b) wird.

b) Feste Emissionsgrenzwerte und Mischregelung gemäß § 5 Abs. 3 der 17. BImSchV

Die Einführung fester Emissionsgrenzwerte für Mitverbrennungsanlagen, die geringere Anforderungen als § 5 Abs. 1 der 17. BImSchV enthalten, wird abgelehnt.

Auch die Anwendung der Mischregelung für Mitverbrennungsanlagen gemäß § 5 Abs. 3 S. 1, 2 und Anhang II der 17. BImSchV wird abgelehnt.

Stattdessen sollte für jeden Schadstoff das Minimum aus dem Emissionsgrenzwert ohne Mitverbrennung und dem Wert gemäß § 5 Abs. 1 der 17. BImSchV ermittelt und als Emissionsgrenzwert festgelegt werden.

c) Besondere Privilegierung bestimmter Anlagenarten

Besonders privilegiert werden gemäß § 5 Abs. 3 S. 3,4,5 des Novellierungsentwurfs Anlagen zur Herstellung von Zementklinker oder Zementen (Nr. 2.3 des Anhangs der 4. BImSchV) sowie Anlagen zum Brennen von Kalkstein (Nr. 2.4 des Anhangs der 4. BImSchV).

Aus der 25%-Regelung für Mitverbrennungsanlagen wird bei der Verbrennung besonders überwachungsbedürftiger Abfälle – unter Berücksichtigung der zusätzlichen Ausnahmeregelung von bestimmten flüssigen brennbaren Abfällen (§ 5 Abs. 3 S. 6 des Novellierungsentwurfs) eine 40%-Regelung.

Beträgt der Anteil an der Feuerungswärmeleistung durch die Verbrennung nicht mehr als 40% und werden Stoffe gemäß § 1 Abs. 1 der 17. BImSchV verbrannt, wird aus der 25%-Regelung sogar eine 50%-Regelung.

Für eine derartige Privilegierung dieser zwei Anlagenarten ist kein sachlicher Grund ersichtlich. Sie ist aus ökologischen Gründen abzulehnen.

 

5. Ableitbedingungen für Abgase (§ 6 der 17. BImSchV)

Gemäß § 6 der derzeitig gültigen Fassung der 17. BImSchV gilt, dass Abgase über einen oder mehrere Schornsteine abzuleiten sind. Im vorgelegten Entwurf soll gemäß § 6 S. 1 der 17. BImSchV nur noch gelten: "Die Abgase sind in einer Höhe abzuleiten, dass der Schutz der menschlichen Gesundheit und Umwelt gewährleistet ist". Damit sind Anforderungen an die Art der Ableitungseinrichtungen entfallen.

Die Verordnung sollte weiterhin die Art der Ableitungseinrichtungen festlegen. Daher sollte zumindest in § 6 S. 1 des Verordnungsentwurfs "über einen oder mehrere Schornsteine" eingefügt werden.

 

6. Messung und Überwachung

a) Messeinrichtungen (§ 10 der 17. BImSchV)

Die geplante neue Fassung von § 10 Abs. 2 der 17. BImSchV unterscheidet sich von der bisherigen nur in einem Punkt. Messeinrichtungen wird nun statt mit ß mit doppeltem s geschrieben. Da gemäß der Verordnungsbegründung gelten soll: "Die Änderung dient der Klarstellung der Anforderung an den Betreiber", drängt sich der Eindruck auf, dass eine andere Fassung als die im Verordnungsentwurf abgedruckte vorgesehen ist.

Es ist zudem nicht ersichtlich, dass die Berichte über das Ergebnis der Kalibrierungen und der Prüfung der Funktionsfähigkeit der Messeinrichtungen nicht wie bisher gemäß § 10 Abs. 3 S. 2 der 17. BImSchV innerhalb von acht Wochen vorgelegt werden könnten. Die Erhöhung des Zeitraums auf zwölf Wochen sollte daher unterbleiben.

b) Kontinuierliche Messungen (§ 11 der 17. BImSchV)

§ 11 Abs. 1 S. 3, 4, § 11 Abs. 2 und §§ 11 Abs. 3 des Novellierungsentwurfs enthalten zahlreiche Ausnahmeregelungen hinsichtlich der Notwendigkeit kontinuierlicher Messungen. Auf diese Ausnahmebestimmungen sollte im Interesse einer konsequenten Überwachung verzichtet werden.

 

 

7. Störungen des Betriebs (§ 16 der 17. BImSchV)

Gemäß § 16 Abs. 2 des Verordnungsentwurfs soll bei Anlagen, die aus einer Verbrennungseinheit oder aus mehreren Verbrennungseinheiten mit gemeinsamen Abgasreinigungseinrichtungen bestehen, die Behörde für "technisch unvermeidbare Ausfälle der Abgasreinigungseinrichtungen" den Zeitraum festlegen, währenddessen bestimmte Emissionsgrenzwerte überschritten werden dürfen. Der Weiterbetrieb kann bis zu vier aufeinanderfolgende Stunden und innerhalb eines Kalenderjahres bis zu 60 Stunden möglich sein (3 16 Abs. 2 S. 2 des Entwurfs).

Dies bedeutet, dass die Umgebung einer Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage bis zu vier Stunden mit Abgasen und in der Folge mit Immissionen belastet werden darf, die aufgrund eines nicht bestimmungsgemäßen Betriebs erhebliche Mengen gesundheitsgefährdender Schadstoffe enthalten können.

Die Möglichkeit der expliziten Erlaubnis einer solchen Emissionsgrenzwertüberschreitung ist unnötig, da ein Herunterfahren einer Anlage bei geeigneter Anlagentechnik innerhalb weniger Sekunden bis Minuten möglich ist. Auch beim Ausfall von Abgasreinigungseinrichtungen ist eine Einhaltung von Grenzwerten durch eine geeignete Einhausung sensibler Anlagenteile und eine redundante Auslegung des Abgasreinigungssystems möglich.

Mithin sollte § 16 Abs. 2 der 17. BImSchV ersatzlos gestrichen werden.

 

8. Ausnahmeregelungen gemäß § 19 der 17. BImSchV

In § 19 der 17. BImSchV wird dem Betreiber die Möglichkeit eröffnet, auf Antrag von den Pflichten der 17. BImSchV befreit zu werden. Daran soll der Entwurf zur Änderung der 17. BImSchV grundsätzlich nichts ändern.

Als besonders problematisch ist § 19 Abs. 1 der 17. BImSchV anzusehen. Dadurch wird unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit des Abweichens von den Vorschriften der 17. BImSchV ermöglicht, wenn "einzelne Anforderungen nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erfüllbar sind (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 der 17 . BImSchV). Dies bedeutet, dass eine mangelnde Eignung einer Anlage hinsichtlich des Immissionsschutzes nicht zu einer Versagung einer Genehmigung, sondern zu einer Privilegierung in der Weise führen kann, dass Anforderungen der 17. BImSchV nicht eingehalten werden brauchen. Dies verkehrt die übliche Logik des Immissionsschutzes in ihr Gegenteil.

§ 19 Abs. 1 der 17. BImSchV ist daher ersatzlos zu streichen.

 

9. Weitergehende Anforderungen (§ 20 der 17. BImSchV)

Gemäß § 20 der 17. BImSchV ist die zuständige Behörde befugt, weitergehende Anforderungen zu treffen.

Hinter diesen Satz 1 sollte im Interesse der Anwohner und der Umwelt folgender Satz angefügt werden: "Die zuständige Behörde ist verpflichtet, bei Erteilung einer Genehmigung oder bei Beantragung oder Erlass einer nachträglichen Anordnung zu überprüfen, ob sich der Stand der Technik im Sinne von § 3 Abs. 6 BImSchG in Verbindung mit dem Anhang zu § 3 Abs. 6 BImSchG über die Anforderungen dieser Verordnung hinaus verändert hat. Hieraus resultierende weitergehende Anforderungen sind insbesondere zur Gefahrenabwehr in der Genehmigung oder nachträglichen Anordnung festzulegen."