Stellungnahme
zum Entwurf eines Gesetzes zur Demonstration und Anwendung
von Technologien zur Abscheidung, zum Transport und zur dauerhaften
Speicherung von Kohlendioxid (Carbon Capture and Storage,
CCS)
Stand des Gesetzentwurfs: 26.07.2010
Die
geplante Einführung der CCS-Technologie ist energiepolitisch
und klimapolitisch verfehlt und führt zu einer nicht zu
verantwortenden Gefährdung der Bevölkerung sowie der
Umwelt. Der Entwurf des CCS-Gesetzes macht zudem deutlich, dass
weder hohe Umwelt- und Sicherheitsstandards festgelegt werden
sollen noch hohe Standards der Information und Partizipation
der Bevölkerung Anwendung finden sollen. Die derzeit stattfindende
kritische gesellschaftliche Diskussion hat in ihm keinen Niederschlag
gefunden. Vielmehr soll die CCS-Technologie gegen den Willen
der Bevölkerung durchgesetzt werden. Profitieren werden
vom CCS-Gesetz lediglich die großen Energiekonzerne. Der
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) lehnt
den Gesetzentwurf daher ab und fordert die Bundesregierung auf,
diesen zurückzuziehen. Stattdessen ist ein Gesetzentwurf
vorzulegen, der festlegt, dass keine Speicherung auf dem Gebiet
der Bundesrepublik Deutschlands zugelassen wird.
I. Negative energiepolitische und klimapolitische Auswirkungen
der CCS-Technologie
Gemäß der Stellungnahme des Sachverständigenrates
für Umweltfragen „100% erneuerbare Stromversorgung bis
2050: klimaverträglich, sicher, bezahlbar“ vom Mai 2010
sowie der Studie des Umweltbundesamtes „Energieziel 2050:
100% Strom aus erneuerbaren Energien“ vom Juli 2010 ist es
möglich, bis zum Jahr 2050 eine Energiewende zu realisieren.
Bis zu diesem Zeitpunkt ist es möglich, den in Deutschland
benötigten Strom vollständig aus regenerativen Energiequellen
zu gewinnen.
Mit
der Erforschung der CCS-Technologie würden aber erhebliche
finanzielle Ressourcen gebunden, die nicht mehr für die Förderung
der regenerativen Energiequellen zur Verfügung stehen würden.
Dadurch verursachte finanzielle Engpässe würden eine
Energiewende in Frage stellen.
Es
ist zudem damit zu rechnen, dass eine Einführung der CCS-Technologie
im großen Maßstab erst in einigen Jahrzehnten erfolgen
kann. Zu diesem Zeitpunkt würde eine Einführung aber
nur noch wenig Sinn machen, da die deutschen Kohlekraftwerke bei
einem konsequenten Umstieg auf regenerative Energiequellen sukzessive
abgeschaltet werden könnten und – wenn überhaupt – keine
relevante Restmenge zur Speicherung mehr verbleiben würde.
Anders
würde es sich nur verhalten, wenn diese Kohlekraftwerke
auch über das Jahr 2050 hinaus betrieben werden sollten. Dann
käme CCS - ungeachtet der katastrophalen Folgen für die
Umgebung einer Speicherstätte beim nicht vorgesehenen CO2-Austritt
- die Funktion eines Alibis für den Weiterbetrieb und die
Neuerrichtung von Kohlekraftwerke zu. Die Einführung der CCS-Technologie
hätte aber zur Folge, dass an die Stelle der sicheren Vermeidung
einer CO2-Entstehung lediglich die vage Hoffnung treten würde,
dass das Entweichen von entstandenem CO2 aus Speicherstätten
dauerhaft verhindert werden kann. Einer Energiewende und einem
wirksamen und nachhaltigem Klimaschutz steht CCS damit diametral
entgegen.
Dass
der Weiterbetrieb der Kohlekraftwerke über das Jahr
2050 im Interesse einer Profitmaximierung das Ziel der Energiekonzerne
ist, ist offensichtlich. So wurde in einem „Energiepolitischen
Appell“ der Atom- und Kohlelobby, der in einer bundesweit
geschalteten Zeitungsanzeige erschien, implizit der Neubau von
Kohlekraftwerken gefordert. Hierzu passt, dass in England kürzlich
von einem der großen Stromkonzerne gefordert wurde, den Strom
aus erneuerbaren Energien auf ein Drittel des Strommixes zu deckeln.
Die Bundesregierung ist aufgefordert, diesen Lobbyinteressen nicht
nachzugeben und konsequent den vollständigen Umstieg auf erneuerbare
Energien bis 2050 zu vollziehen.
Auch
der Verweis des Wirtschaftsministers darauf, dass „Entwicklungs-
und Schwellenländer auf absehbare Zeit nicht auf fossile Energieträger
verzichten“, trägt nicht als Begründung zur Einführung
der CCS-Technologie. Im Interesse des Klimaschutzes wäre es,
diese Staaten bei der Entwicklung und Nutzung regenerativer Energiequellen
zu unterstützen und auf den Export von Risikotechnologien
seitens Deutschlands zu verzichten.
II.
Gefahren für die Bevölkerung
und die Umwelt
Die
CCS-Technologie führt zu nicht zu verantwortenden Gefahren
für die Bevölkerung und die Umwelt.
1.
Gefahren für die Bevölkerung
Kohlendioxid
wirkt erstickend, ist ein Atemgift, hat eine größere
Dichte als Luft und ist farb- und geruchslos. Eine Personengefährdung
tritt ab 5 Vol% ein, eine Lebensgefahr ab 10 Vol%. Ein Verzicht
auf die Speicherung von CO2 ist deshalb wegen der Gefahr für
die Bevölkerung und die Umwelt geboten, wie Ereignisse in
der Vergangenheit belegen.
In
Mönchengladbach kam es am 16.8.2008 zu einer Freisetzung
von ca. 50 t Kohlendioxid aus einer Löschanlage. 107 Personen
mussten ärztlich behandelt werden. Die US-amerikanische Umweltbehörde
EPA hat zudem in ihrer Studie „Carbon Dioxide as a Fire
Suppressant: Examining the Risks“ 51 Ereignisse in den Jahren
1975 bis 2000 ermittelt, bei denen aufgrund der Freisetzung von
CO2 aus Löschanlagen insgesamt 145 Personen verletzt und 72
Personen getötet wurden. Diese Ereignisse zeigen bereits,
dass auch bei der Freisetzung geringer Mengen von Kohlendioxid
eine relevante Gesundheitsgefahr hervorgerufen werden kann.
Bei
einem Ereignis im Jahr 1986 kam es in der Umgebung des Kratersees
Lake Nyos in Kamerun vermutlich aufgrund eines Erdbebens zu einer
Freisetzung von ca. 1,6 Millionen Tonnen Kohlendioxid. 1700 Menschen
starben. Dies belegt, dass die Freisetzung großer Mengen
CO2 zu Großschadensereignissen mit erheblichen Auswirkungen
führen kann. Vergleichbare Ereignisse sind auch bei der Anwendung
der CCS-Technologie zu befürchten, wie sich insbesondere aus
den CO2-Mengen ergibt, die in Speichern gelagert werden sollen:
Gemäß § 2 Abs. 2 KSpG können pro Jahr drei
Millionen Tonnen CO2 eingespeichert werden, wobei die Gesamtspeichermenge
von acht Millionen Tonnen bundesweit nicht überschritten werden
darf.
2.
Gefahren für die Umwelt
Die
CCS-Technologie wird zudem zu Gefahren für das
Grundwasser sowie für Bäche und Flüsse führen.
a)
Gefahr der Versalzung des Grundwassers, Bäche
und Flüsse
Die
CO2-Endlagerung in saline Aquifere kann kurz- oder längerfristig
zu einer großen Versalzung der Gewässer führen.
Das saline Tiefenwasser weist zum Teil Chloridkonzentrationen von
einem Viertel Kilogramm pro Liter auf. Es ist fünfzigmal so
salzig wie die Ostsee. Außerdem ist die Chloridkonzentration
1000 mal höher als die Trinkwasserverordnung zulässt.
Schon 1 Liter des salzhaltigen Formationswasser reicht aus um 1000
Liter reines Grundwasser unbrauchbar zu machen. Zudem sind die
zur Einlagerung verwendeten Schichten mit salzhaltigem Grundwasser
weniger gut erforscht als höher liegende - an ihnen bestand
lange, weil zur Trinkwassergewinnung ungeeignet, wenig Interesse.
So ist überhaupt noch nicht geklärt, wohin das Salzwasser
dringt, wenn es durch CO2 verdrängt wird. Bereits im Bericht „Grundwasser
in Deutschland“ von August 2008 des Bundesministeriums für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) wird auf dieses
Risiko hingewiesen: „Besondere Probleme können sich
bei der Einleitung von CO2 in saline Aquifere ergeben. Grundsätzlich
sind die Porenräume dieser Grundwasserleiter (Aquifere) mit
Salzwasser gefüllt, welches das eingeleitete CO2 verdrängt.
Dieses Salzwasser kann unter anderem in andere Grundwasserleiter
eindringen und dort zu Verunreinigen führen. Besonders kritisch
würde diese Situation, falls das Salzwasser in süßwasserführende
Grundwasserleiter eindränge, die der Trinkwassergewinnung
dienen oder dieser dienen können. Die Salzwässer können
auch in andere Ökosysteme eindringen, wenn sie z.B. bis an
die Erdoberfläche gelangen und zu Schäden in Oberflächengewässern
(Flüssen, Seen) oder terrestrischen Ökosystemen führen.“ (BMU:
Grundwasser in Deutschland, S. 31) .
Die
europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) fordert für
alle Flüsse einen guten ökologischen Zustand. So hat
die Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) für den Parameter
Chlorid einen Richtwert von 100 Milligramm pro Liter festgelegt.
Ab 200 Milligramm sind erste ökologische Beeinträchtigungen
zu erwarten. Insekten. Krebse und Fische werden geschädigt
oder verdrängt. Die Selbstreinigung des Flusses verringert
sich. Auch diese mögliche Belastung kann durch das geplante
Gesetz nicht verhindert werden.
b)
Gefahr der Versauerung des Grundwassers und der Bäche
Bei
der Einlagerung in ein Gasfeld als auch in die saline Aquifere
kann niemand ausschließen, dass CO2 in von der Trinkwasserversorgung
oder zur Bewässerung in Gartenbau und Landwirtschaft genutzte
Grundwasserbereiche eindringen kann. Dort käme es dann zu
einer bedeutenden Versauerung mit schwerwiegenden Folgen. So wird
die Löslichkeit von toxischen Spurenstoffen, insbesondere
von Schwermetallen, die natürlicherweise in Böden und
Gesteinen festgelegt sind, gefördert. Auch Aluminium, das
zu den häufigsten in der Erdkruste vorkommenden Elementen
zählt, wird im sauren Milieu zunehmend gelöst und wirkt
dann toxisch auf viele Lebewesen Der Grenzwert der Trinkwasserverordnung
schreibt einen pH-Wert über 6,5 vor. Wasser zur Bewässerung
soll einen pH-Wert von über 5,5 aufweisen. Bei niedrigeren
pH-Werten treten freie Säuren auf, die zum Teil schwere Pflanzenschäden
verursachen können.
Wenn
dieses durch die CO2-Endlagerung belastete Grundwasser einem
Bach zusickert, führt es dort ebenfalls zur Versauerung. Die
Folgen sind abnehmende Fischbestände und eine geminderte Vielfalt
anderer Wasserorganismen, da sich nur säuretolerante Lebewesen
auf diese Bedingungen einstellen können.
c) Gefahr durch unklare Quecksilberkonzentrationen in
Erdgasfeldern
Rohgas
enthält je nach Förderfeld sehr unterschiedliche
Quecksilberkonzentrationen – zwischen wenigen bis zu mehr
als 10.000 µg pro Kubikmeter treten dabei auf. Je nach Konzentration
kann im Falle einer Freisetzung von CO2 eine erhebliche Belastung
für höher liegende Grundwasserleiter entstehen. Da einerseits
die Quecksilbermenge im Erdgasfeld in der Altmark nach dem Landesamt
für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt (LAGB) in Halle
ein Betriebsgeheimnis ist und andererseits aber keiner eine hundertprozentige
Dichtigkeit bei der CO2-Speicherung über die nächsten
Jahrhunderte garantieren kann, ist die Gefahr einer zusätzlichen
Quecksilberbelastung des Grundwasser als Folge der Einlagerung
von CO2 gegeben.
d)
Gefahr durch die unzähligen
alten Bohrungen im Erdgasfeld
Das
Altmarker Erdgasfeld ist durch viele Bohrungen während
der Erkundungs- und Abbauphase durchlöchert. Offiziell sollen
alle bekannten Löcher abgedichtet worden sein, da sie für
das versenkte Kohlendioxid einen direkten Weg ins höher liegende
Grundwasser darstellen würden. Selbst wenn diese Bohrlöcher
nach den anerkannten Regeln der Technik versiegelt wurden, könnten
die verwendeten Materialien eine ungenügende CO2- bzw. Säurebeständigkeit
aufweisen. Es besteht dann die Gefahr, dass die Verschlüsse
von innen zerfressen werden und das Kohlendioxid dann entweicht.
Auch ist nicht sicher, ob alle Bohrungen aus der Erkundungsphase
ordentlich kartiert und somit kontrollierbar sind.
e)
Gefahr des Auflösens der
Rohre
Kohlendioxid
wird im überkritischen Zustand in das vorgesehene
Endlager eingespült und stellt ein sehr aggressives Lösungsmittel
dar. Es greift daher auch die für die Einleitung in den Untergrund
verwendeten Rohre an. So besteht die Gefahr, dass Löcher entstehen
können und das CO2 in Grundwasserschichten, die für die
Trinkwasserversorgung oder Bewässerung in der Landwirtschaft
und Gartenbau genutzt werden, eindringen kann. Verunreinigungen
des CO2 aus dem Kraftwerk verstärken die aggressive
Wirkung auf die Rohre. In Ketzin wurde bisher nur sehr reines CO2
eingeleitet. Auch kann sich, wenn nicht kontinuierlich überkritisches CO2
durch die Rohre fließt, Kohlensäure bilden, die dann
die Rohre von innen angreift.
f)
Gefahr der Gesteinsauflösung
und damit Rissbildung
Im
Rahmen eines CCS-Versuchsprojekts in Texas haben bereits Wissenschaftler
unter der Leitung von Geochemiker Yousif Kharaka festgestellt,
dass es durch die Einleitung von CO2 zu einer Veränderung
des Säuregehalts der Mineralstoffe und zu ihrer Auflösung
gekommen war. Durch größere Einlagerungsmengen als die
durch das dortige Projekt geplanten 1600 Tonnen hätten somit
Tunnel ins Gestein gefressen werden können. Laut Kharaka hätte
dies großen Einfluss auf die Umwelt ausgeübt.
III. Mangelhafte Umwelt- und Sicherheitsstandards sowie
demokratische Defizite
Das
vorgelegte Artikelgesetz ist nicht geeignet, den Schutz der Bevölkerung und der Umwelt zu gewährleisten.
Das CCS-Gesetz ist durch fehlende und nicht konkretisierte Umwelt-
und Sicherheitsstandards sowie demokratische Defizite gekennzeichnet.
1. Übergreifende
Aspekte
Das
in Artikel 1 des Referentenentwurfs aufgeführte Gesetz
heißt „Gesetz zur Demonstration der dauerhaften Speicherung
von Kohlendioxid (Kohlendioxid-Speicherungsgesetz – KSpG)“.
Offen bleibt in diesem Gesetz, nach welcher Zeit die Dauerhaftigkeit
der Speicherung als demonstriert gilt. Damit besteht die Gefahr,
dass vorzeitig ein positives Ergebnis festgestellt wird, obwohl
es keine naturwissenschaftlich-technische Begründung hierfür
gibt. In diesem Zusammenhang ist es völlig unverständlich,
dass gemäß § 44 KSpG bereits bis zum 31.12.2017
ein Evaluierungsbericht vorliegen soll, der wesentliche Fragen
beantworten soll. Eine seriöse Untersuchung ist in dieser
Zeit nicht realisierbar.
In § 1 S. 1 KSpG heißt es, dass die Speicherung „im
Interesse des Klimaschutzes und im Interesse einer möglichst
sicheren, effizienten und umweltverträglichen Energieversorgung … auch
in Verantwortung für künftige Generationen“ geschehe.
Die genannten Feststellungen sind lediglich Behauptungen und stehen
im Widerspruch zu zahlreichen unabhängigen Wissenschaftlern,
die von der weiteren Kohleverstromung mit CCS dringend und aus
einer Vielzahl von Gründen abraten. Diese Aussagen stellen
fest, was allenfalls Ergebnis der „Demonstration“ nach
einem sehr langen Zeitraum sein könnte. Indem das Ergebnis
der Erprobung und Demonstration in dieser Art vorweggenommen wird,
wird eine kritische Prüfung der CCS-Technologie unterlaufen.
Damit geht es anscheinend nicht mehr darum, ob diese Technologie
eingesetzt werden soll, sondern lediglich um die Rahmenbedingungen
ihres Einsatzes.
Die
behauptete „Verantwortung für zukünftige Generationen“ steht
zudem im Widerspruch zu den Bestimmungen des § 31 KSpG über
die „Übertragung der Verantwortung“. Danach wird
regelmäßig der Betreiber einer Speicherstätte nach
Ablauf von 30 Jahren seine Verantwortung – einschließlich
der Verantwortung für Schadensersatzansprüche - auf das
Bundesland abwälzen, welches die für die Stilllegung
zuständige Behörde eingerichtet hat. Damit tragen die „zukünftigen
Generationen“ und nicht der Betreiber die Verantwortung für
die Folgen schwerer Unfälle bei Kohlendioxidspeichern.
Der
Gesetzentwurf blendet den kritischen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen
Diskurs zum CCS-Thema vollständig aus.
Das KSpG dient damit nicht den Interessen der Bevölkerung
sondern ausschließlich den Interessen der Kohlelobby - einer
Branche, die auf viele Jahrzehnte hinaus weiterhin Kohleverstromung
betreiben und einen Übergang auf eineerneuerbare Stromversorgung
verhindern will.
2. Übergreifende
Sicherheitsaspekte
Bei
Abscheideanlagen und Kohlendioxidleitungen stellt das CCS-Gesetz
keine zusätzlichen Sicherheitsanforderungen auf und sieht
diese auch nicht für die Zukunft vor. Bei Kohlendioxidspeichern
werden keine konkreten Anforderungen an die Sicherheitstechnik
gestellt; das CCS-Gesetz sieht hierzu lediglich Verordnungsermächtigungen
vor.
Damit
ermächtigt das Gesetz zur Anwendung der CCS-Technologie,
ohne dass Sicherheitsstandards hierfür entwickelt sind. Statt
die Arbeit insbesondere der Kommission für Anlagensicherheit
zu diesen Aspekten abzuwarten, wird nun ein Rechtsrahmen geschaffen,
der es erlaubt, mit dem Begriff der „Erprobung und Demonstration“ den
Einstieg in eine Risikotechnologie zu vollziehen, ohne dass Sicherheitskonzepte
auch nur im Ansatz vorliegen.
Dass
der Sicherheitsaspekt vernachlässigt wird, zeigt sich
insbesondere daran, dass die Anlagen zur Abscheidung, zum Transport
und zur Speicherung von Kohlendioxid nicht unter den Geltungsbereich
der Störfall-Verordnung fallen sollen, die explizite Anforderungen
zur Vermeidung von Störfällen und zur Begrenzung ihrer
Auswirkungen enthält. Hierzu wäre es erforderlich, Kohlendioxid
in die Stoffliste des Anhangs I der 12. BImSchV mit einer niedrigen
Mengenschwelle aufzunehmen und Rohrleitungen explizit von der einschränkenden
Regelung des § 3 Abs. 5a Hs. 2 BImSchG auszunehmen. Dem steht
nicht entgegen, dass Kohlendioxid nicht in der Seveso-II-Richtlinie
aufgeführt ist und Rohrleitungen vom Geltungsbereich der Richtlinie
ausgenommen sind. Zwar setzt die Störfall-Verordnung
national die Seveso-II-Richtlinie um. Aber gemäß Art.
176 EGV ist es möglich, zum Erhalt und zum Schutz der Umwelt
sowie zum Schutz der menschlichen Gesundheit Rechtsvorschriften
zu erlassen, die über das von der EU geforderte Maß hinausgehen.
Indem die Bundesregierung von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch
macht, werden die Bevölkerung und die Umwelt erheblichen Risiken
ausgesetzt.
3.
Unzureichender Standard der Informationsübermittlung
Das
KSpG genügt nicht dem höchsten Standard der Informationsübermittlung.
Als höchster Standard ist die aktive Zurverfügungstellung
von Umweltinformationen, z.B. über das Internet anzusehen.
Zwar
wird in § 6 Abs. 3 KSpG bzgl. des Registers auf § 7
UIG verwiesen, der eine Unterstützung des Zugangs durch die
Einrichtung elektronischer Datenbaken fordert und den Zugang grundsätzlich
regelt. Jedoch sind für keine der im KSpG aufgeführten
Daten und Unterlagen Konkretisierungen bzgl. der Zurverfügungstellung
von Informationen erfolgt; ein freier Internetzugang ist nicht
vorgesehen.
Auch
hinsichtlich der auf Antrag zu übermittelnden Daten
wird nicht die bestmögliche Transparenz für die Bevölkerung
gewährleistet. Denn die Informationsübermittlung steht
direkt oder durch Verweis unter dem Vorbehalt der Ablehnungsgründe
der §§ 8, 9 UIG. Damit ist es möglich, relevante
Informationen über die CCS-Technologie sowie die Gefährdung
der Bevölkerung und der Umwelt geheim zu halten. Gerade bei
dieser Risikotechnologie ist ein uneingeschränkter und gebührenfreier
Zugang zu Informationen geboten.
4.
Fehlen konkreter und anspruchsvoller Bestimmungen für
Abscheideanlagen
Für die „Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur
Abscheidung von Kohlendioxid zur dauerhaften Speicherung“ legt
das CCS-Gesetz keine konkreten materiellen Anforderungen fest.
Zwar werden gemäß Art. 2 Nr. 1 des CCS-Gesetzes bestimmte
Anlagen einer UVP-Pflicht unterworfen. Damit wird die Festlegung
eines Sicherheitsstandards aber nicht vorgegeben, sondern muss
durch die zuständige Behörde ermittelt und festgelegt
werden. Angesichts der Verwaltungsstrukturreformen, die zu einem
Abbau des Personals und zu einer Reduktion der Behördenkompetenz
geführt haben, sind Sicherheitsprobleme und eine ungenügende
Berücksichtigung von Umweltaspekten wahrscheinlich.
Verschärfend kommt hinzu, dass die Durchführung einer
Umweltverträglichkeitsprüfung für diese Anlagen
erst ab einer Abscheideleistung von 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr
zwingend vorgeschrieben ist, falls es sich nicht um die Errichtung
und den Betrieb einer Anlage zur Speicherung von CO2aus einer Anlage,
die nach Spalte 1 der Anlage 1 des UVPG UVP-pflichtig ist, handelt.
Bei einer geringeren Abscheideleistung ist lediglich eine allgemeine
Vorprüfung gemäß § 3c S. 1 UVPG erforderlich.
Angesichts der Praxis bei derartigen Prüfungen ist davon auszugehen,
dass für diese Anlagen regelmäßig keine Umweltverträglichkeitsprüfung
durchgeführt wird und notwendige Sicherheitsprobleme und Umweltbelastungen
nicht erkannt werden.
Für Abscheideanlagen wird zudem nicht der höchste Umweltstandard
gefordert. So wird durch Art. 6 des CCS-Gesetzes festgelegt, dass
Anlagen zur Abscheidung von CO2 zum Zweck der dauerhaften Speicherung
genehmigungsbedürftige Anlagen i.S.d. BImschG sind. Damit
haben sie gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG den Stand
der Technik i.S.v. § 3 Abs. 6 BImschG zur Vorsorge einzuhalten.
Diese Anforderung ist nicht so weitgehend wie die in anderen Bereichen
des Umweltrechts festgelegte Forderung, den Stand von Wissenschaft
und Technik einzuhalten. Dies würde bedeuten, jeweils die
Vorsorge zu treffen, die nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen
für erforderlich gehalten wird, unabhängig davon, ob
sie technisch bereits verwirklicht ist oder nicht. Für die
Bevölkerung und die Umwelt wird durch das CCS-Gesetz bei Abscheideanlagen
somit nur ein Schutzstandard minderer Qualität realisiert
werden.
Hinzu
kommt, dass keine Verordnung zum BImSchG vorgelegt wurde, die
den Stand der Technik für Abscheideanlagen konkretisieren
würde. Damit besteht die Gefahr, dass auch unter dem Gesichtspunkt
des Gesundheits- und Umweltschutzes unzureichende Anlagen eine
immissionsschutzrechtliche Genehmigung erhalten.
Auch
die Entscheidung über Abscheideanlagen erfolgt nicht
in einem Verfahren, dass höchsten demokratischen Ansprüchen
genügt. So ist für Abscheideanlagen lediglich ein Genehmigungsverfahren
nach dem BImschG vorgesehen. Dies bedeutet, dass gemäß § 6
Abs. 1 BImschG die Genehmigung zu erteilen ist, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen
vorliegen und andere öffentliche Vorschriften dem Vorhaben
nicht entgegenstehen. Würde über die Zulassung hingegen
im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens entschieden, würde
diese Entscheidung eine Ermessensentscheidung darstellen. Der zuständigen
Behörde käme insbesondere ein Versagensermessen zu; für
die Träger planfeststellungsbedürftiger Vorhaben existiert
kein Anspruch auf Planfeststellung. In einem Planfeststellungsverfahren
bestünde für die Bevölkerung daher in weit größerem
Umfang die Möglichkeit, ihre Interessen geltend zu machen.
Die Wahl des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens
für die Entscheidung über Abscheideanlagen stellt mithin
ein demokratisches Defizit dar.
5.
Fehlen konkreter und anspruchsvoller Bestimmungen für
die Kohlendioxidleitungen
Wie
bei Abscheideanlagen legt das KSpG keine materiellen Anforderungen
für Kohlendioxidleitungen fest. An die Stelle konkreter Vorgaben
tritt lediglich eine Verordnungsermächtigung gemäß § 4
Abs. 5 KSpG. Aufgrund des Verweises in § 4 Abs. 2 S. 2 KSpG
auf § 49 Abs. 1 EnWG gilt zudem, dass die Errichtung und der
Betrieb von Kohlendioxidleitungen lediglich den allgemein anerkannten
Regeln der Technik entsprechen müssen. Damit liegt der Schutzstandard
bei Kohlendioxidleitungen nicht nur unterhalb des Standes von Wissenschaft
und Technik, sondern sogar unterhalb des Standes der Technik. Damit
ist der Schutz der Bevölkerung und der Umwelt vor Kohlendioxid,
welches in großen Mengen bei Leckagen austreten kann und
zu Verletzten und Toten in der Umgebung insbesondere aufgrund zu
geringer Schutzabstände führen kann, nicht sichergestellt.
Auch
die grundsätzliche Aufnahme der Errichtung und des Betriebs
von Kohlendioxidleitungen in die Anlage 1 des UVPG gemäß Art.
2 Nr. 4 des CCS-Gesetzes vermag daran nichts zu ändern. Denn
ohne konkrete Sicherheitsvorgaben wird eine Umweltverträglichkeitsprüfung
regelmäßig ins Leere gehen. Außerdem muss davon
ausgegangen werden, dass für Kohlendioxidleitungen, die nicht
gleichzeitig eine Länge von 40 km und einen Durchmesser von
800 mm überschreiten, regelmäßig eine UVP erstellt
wird. Denn für die in Art. 2 Nr. 4 des CCS-Gesetzes weiteren
drei Arten von Kohlendioxidleitungen ist entweder eine allgemeine
oder eine standortbezogene Vorprüfung vorgesehen. Angesichts
der Praxis bei UVP-Vorprüfungen muss auch bei Kohlendioxidleitungen
davon ausgegangen werden, dass regelmäßig keine Umweltverträglichkeitsprüfung
durchgeführt wird und notwendige Sicherheitsprobleme und daraus
resultierende Belastungen der Bevölkerung und der Umwelt nicht
erkannt werden.
Die §§ 72 ff VwVfG sollen nach Maßgabe der §§ 43a – 43e
EnWG (mit Ausnahme des § 43a Abs. 5 EnWG) Anwendung finden.
Dadurch kommt es teilweise zu einer inakzeptablen Abschwächung
der Bestimmungen über das Planfeststellungsverfahren:
-
So
sieht § 43c EnWG ein Außerkrafttreten des Plans
vor, wenn zehn Jahre nach der Unanfechtbarkeit des Plans nicht
mit seiner Durchführung begonnen wurde. Demgegenüber
sieht § 75 Abs. 4 VwVfG einen Fünf-Jahres-Zeitraum
vor.
-
Die
Möglichkeit des Wegfalls einer Erörterung bei Planänderungen
und ergänzenden Verfahren i.S.v. § 75 Abs. 1a S.
2 VwVfG gemäß § 43d EnWG schwächt die
Anforderungen des § 76 Abs. 1 VwVfG ab und reduziert die
Beteiligungsmöglichkeiten der Bevölkerung.
Zudem
ist die in § 4 Abs. 2 S. 3 KSpG vorgesehene Reduzierung
des Ermessens über die Reduktion der Gründe, die einem öffentlichen
Interesse entgegenstehen, abzulehnen.
Durch
den Verweis auf § 43e EnWG wird festgelegt, dass einer
Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss keine aufschiebende
Wirkung zukommt. Dies ermöglicht es einem Betreiber, Fakten
zu schaffen, bevor die rechtlichen und tatsächlichen Probleme
abschließend geklärt sind.
Die
Anwendung der Bestimmungen über die Vorarbeiten (§ 44
EnWG), die Veränderungssperre und das Vorkaufsrecht (§ 44a
EnWG) sowie die vorzeitige Besitzeinweisung (§ 44n EnWG) reduzieren
die Möglichkeit der Betroffenen, frühzeitig gegen die
Errichtung und den Betrieb einer Kohlendioxidleitung zu intervenieren
und sind daher abzulehnen. Gleiches gilt für Enteignungsregelungen
des § 4 Abs. 4 KSpG.
6. Kein Ausschluss von Gefahren der Kohlendioxid-Speicherung
Das
CCS-Gesetz gibt vor, die von der Kohlendioxidspeicherung ausgehenden
Gefahren ausschließen zu können. Diesem
Ziel wird der Entwurf des KSpG nicht gerecht.
a) Verlagerung konkreter Anforderungen auf Rechtsverordnungen
Das
CCS-Gesetz verlagert die Lösung von Sicherheitsproblemen
auf Rechtsverordnungen. In den Rechtsverordnungen sollen die folgenden
Aspekte geklärt werden:
-
Anforderungen
an die Untersuchung sowie Errichtung, Betrieb, Überwachung,
Stilllegung, Nachsorge und die Beschaffenheit von Kohlendioxidspeichern
(§ 25 Abs. 1 KSpG),
-
Anforderungen
an Maßnahmen, die bei erheblichen Unregelmäßigkeiten
oder Leckagen zu ergreifen sind, an die Anzeige an die zuständige
Behörde nach § 23 KSpG sowie Anforderungen an die
Zusammensetzung des Kohlendioxidstroms nach § 24 KSpG
, insbesondere Höchstkonzentrationen von prozessbedingten
oder die Überwachung verbessernden Beimengungen sowie
an das Verfahren zur Führung und Vorlage der Nachweise
nach § 24 Abs. 2, 3 KSpG (§ 25 Abs. 2 KSpG),
-
Anforderungen
an das Verfahren für die Planfeststellung oder für
die Plangenehmigung nach § 11 KSpG, insbesondere Einzelheiten
des Antragsinhalts nach § 12 Abs. 1 KSpG und der nach § 12
Abs. 2 KSpG beizubringenden Unterlagen und weitere Anforderungen
an den Antragsinhalt und an beizubringende Unterlagen sowie
an den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung
nach § 13 Abs. 2 KSpG (§ 26 Abs. 1 KSpG),
-
Anforderungen
an die Form, die Inhalte und das Verfahren zur Erstellung,
Fortschreibung und Vorlage des Sicherheitsnachweises, des Überwachungskonzepts
nach § 20 KSpG und des Stilllegungs- und Nachsorgekonzepts
(§ 26 Abs. 2 KSpG)
-
die
Deckungsvorsorge (§ 32 Abs. 1 KSpG),
-
die Übertragung
von Pflichten (§ 32 Abs. 2 KSpG),
-
Anschluss
und Zugang zu Kohlendioxidleitungsnetzen (§ 33 Abs. 4
KSpG),
-
Befugnisse
der Regulierungsbehörde (§ 34 Abs. 5 KSpG),
-
Gebührensätze
(§ 35 Abs. 7 KSpG)
-
Gebühren
und Auslagen (§ 41 Abs. 2 KSpG)
Ob
und ggf. wann diese Rechtsverordnungen erlassen werden, ist nicht
ersichtlich. Dass aber die Belange des Umweltschutzes nicht im
Vordergrund stehen dürften, wird bereits dadurch deutlich,
dass die Ermächtigungen zum Erlass der Rechtsverordnungen
nicht vollständig beim Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), sondern zu relevanten
Teilen beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
(BMWT) liegen. Das BMU muss in diesen Fällen lediglich das
Einvernehmen herstellen.
Zudem
sollen gemäß § 5 Abs. 3 KSpG erst nach
der Verabschiedung des KSpG seitens des Umweltbundesamtes die Grundlagen,
die für eine wirksame Umweltvorsorge erforderlich sind, erarbeitet
werden.
Aufgrund
dieser Verlagerung auf Rechtsverordnungen oder auf erst zu entwickelnde
Standards stellt das KSpG eine leere Hülle
dar mit der Folge, dass Bundestag und Bundesrat über ein Gesetz
abstimmen sollen, dessen Auswirkungen weder bekannt noch bestimmbar
sind. Ein derartiger Blankoscheck für eine Risikotechnologie
ist nicht akzeptabel.
Besonders
gravierend ist dies dort, wo die Verhinderung oder Beseitigung
von Leckagen oder „erheblichen Unregelmäßigkeiten“ angesprochen
werden. Hier werden immer nur „geeignete Maßnahmen“ gefordert,
ohne dass diese auch nur im Geringsten konkretisiert würden,
so beispielsweise in § 23 Abs. 1 Nr. 2 KSpG.
Dem
kann auch nicht entgegengehalten, dass die Bundesländer
im Rahmen der Genehmigungen und Planfeststellungen entsprechende
Anforderungen festlegen können. Die Bundesländer dürften
mit dieser Aufgabe überfordert sein, so dass Sicherheitsprobleme
vorprogrammiert sind.
b) Der Forschungsspeicher
Die
für den Erlass von Rechtsverordnungen erforderlichen
Erkenntnisse sollen anscheinend mit Hilfe von Forschungsspeichern
i. S. v. § 3 Nr. 12 KSpG gewonnen werden, deren Anforderungen
in § 37 KSpG geregelt sind. Bei diesen Forschungsspeichern
kann die zuständige Behörde gemäß § 37
Abs. 2 KSpG einen minderen Schutzstandard zulassen.
Der „Forschungsspeicher“ ist
gemäß § 3
Nr. 12 KSpG dadurch definiert, dass in ihn maximal 100.000 Tonnen
CO2 verpresst werden sollen, wie es bei dem in der Altmark nahe
Salzwedel geplanten „Pilotprojekt“ vorgesehen ist.
Für
den Forschungsspeicher gelten herabgesetzte Umwelt- und Schutzstandards:
-
Für
seine Errichtung, seinen Betrieb und seine wesentliche Änderung
ist kein Planfeststellungsverfahren oder Plangenehmigungsverfahren
erforderlich, er wird lediglich von der zuständigen Behörde
genehmigt. Auf diese Genehmigung hat der Betreiber einen Rechtsanspruch;
ein Versagensermessen ist nicht gegeben. Zudem bestehen keine
Partizipationsmöglichkeiten der Betroffenen. Für
das Genehmigungsverfahren ist keine Öffentlichkeitsbeteiligung
vorgesehen; Einwendungsmöglichkeiten für die
Anwohner sind damit nicht gegeben. Dies stellt ein erhebliches
demokratisches Defizit dar.
-
Für
die Genehmigung eines Forschungsspeichers ist zudem keine Umweltverträglichkeitsprüfung
erforderlich, da Forschungsspeicher explizit nicht vom Begriff
des Kohlendioxidspeichers umfasst sind und somit nicht unter
Nr. 15.2 der Anlage 1 des UVPG fallen.
- Der
Betreiber eines Forschungsspeichers kann von verschiedenen
Sicherheitsanforderungen befreit werden, die in § 13 KSpG
für den Kohlendioxidspeicher aufgeführt werden.
Insbesondere
* braucht
die Langzeitsicherheit nicht gewährleistet zu sein (§ 13
Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KSpG)
* braucht
keine „Vorsorge gegen Beeinträchtigungen
von Mensch und Umwelt getroffen“ zu werden (§ 13
Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KSpG)
* müssen „erhebliche Unregelmäßigkeiten“ nicht
verhindert werden (§ 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KSpG)
* braucht
der Kohlendioxidstrom keinen Anforderungen
mehr genügen
(§ 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 i.V.m. § 24
KSpG)
Diese
Befreiungen können von der Behörde „im Einzelfall
auf Antrag“ genehmigt werden, sofern „Zweck der Forschung"
ist:
- die
Langzeitsicherheit,
- die
Vorsorge gegen Beeinträchtigungen von Mensch und Umwelt
oder
- die
Sicherheit von Injektionsanlagen
In diesen Fällen werden mithin ein „Leckagerisiko“,
ein „Risiko für Mensch und Umwelt“ und „Beeinträchtigungen
von Mensch und Umwelt“ in Kauf genommen. Dem kann nicht entgegengehalten
werden, dass § 37 Abs. 2 KSpG besagt dass eine Befreiung nur
zulässig ist, „wenn Gefahren für Mensch und Umwelt
nicht hervorgerufen werden können“. Denn auch Beeinträchtigungen
von Mensch und Umwelt können von erheblichem Ausmaß sein.
Ein derartiger Schutzstandard minderer Qualität ist inakzeptabel
Zudem wird bei einem Forschungsspeicher nicht sichergestellt
werden können, dass die Gefahrenschwelle sicher unterschritten wird.
So soll es anscheinend erlaubt sein, mit CO2-Freisetzungen und
ihrer möglichen „Eindämmung“ zu experimentieren,
sowie entsprechend mit Grundwasserkontaminierungen. Hierfür
spricht ein am 15.7.10 veröffentlichtes Förderprogramm
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung für
die „Geologische CO2-Speicherung“, da hier als Forschungsthemen
u.a. aufgeführt werden:
- „Kontrolle
und Steuerung von CO2-Emissionen in die Atmosphäre sowie
- Interventionsstrategien
z.B. gegen Undichtigkeiten bei alten oder neuen Bohrlöchern,
bei Kontamination im Grundwasser und im Falle einer Reaktivierung
von Störungen durch die CO2-Injektion“
Damit
würden einerseits besonders risikobehaftete Tätigkeiten
durchgeführt werden, bei der es gerade aufgrund unbekannter,
zu erforschender Effekte zu erheblichen Gefährdungen der Bevölkerung
kommen kann. Andererseits würde der Sicherheitsstandard reduziert.
Bei einer derartigen Vorgehensweise kann eine Unterschreitung der
Gefahrenschwelle nicht gewährleistet werden.
c)
Die Anforderung der „Langzeitsicherheit“
Das
Kernproblem der CO2 Speicherung ist die Dichtheit des Speichergebiets,
die durch eine „Langzeitsicherheit“ gewährleistet
werden soll. Der Begriff der „Langzeitsicherheit“ gemäß § 3
Nr. 8 KSpG soll durch die Bezugnahme auf die „Gewährleistung,
dass das gespeicherte Kohlendioxid … vollständig und
auf unbegrenzte Zeit in dem Kohlendioxidspeicher zurückgehalten
werden kann“ den Eindruck eines absoluten Gefahrenausschlusses
vermitteln. Allerdings wird dies dadurch relativiert, dass diese
Gewährleistung unter dem Vorbehalt der „Berücksichtigung
der erforderlichen Vorsorge gegen Beeinträchtigungen von Mensch
und Umwelt“ steht.
Mit
der Legaldefinition von Langzeitsicherheit ist daher keine absolute
Sicherheit vor dem Austritt von Kohlendioxid und damit vor einem
Großschadensereignis gegeben. Denn dies ist nach
der Struktur des Gesetzes hinzunehmen, wenn der Stand von Wissenschaft
und Technik eingehalten wird und ein Ereignis erfolgt, dass bei
Anwendung dieser Anforderung nicht verhindert werden kann. Insofern
bietet auch eine Langzeitsicherheit i.S.d. des KSpG und das darauf
fußende Konzept keine Sicherheit vor Leckagen und Großschadensereignissen.
Im
KSpG werden zudem keine konkreten Anforderungen an Vorsorgemaßnahmen
festgelegt. Mithin ist nicht gesichert, dass ergriffene Vorsorgemaßnahmen
im konkreten Fall hinreichend sind.
Hinzu
kommt, dass Maßnahmen zur Gewährleistung der
Langzeitsicherheit lediglich als Vorsorgemaßnahmen und nicht
als Maßnahmen zur Gefahrenabwehr charakterisiert werden.
Das hat zur Folge, dass diesen Maßnahmen keine drittschützende
Wirkung zukommt und diese mithin nicht von Betroffenen auf dem
Rechtsweg durchgesetzt werden können. Vom Betreiber und der
zuständigen Behörde unberücksichtigte Sicherheitsdefizite
können damit nicht mehr durch die Bevölkerung korrigiert
werden. Eine solche Einschränkung der Klagemöglichkeiten
durch geeignete Begriffsbildungen stellt ein erhebliches demokratisches
Defizit dar.
Nicht
beachtet wurde zudem das unauflösbare Dilemma, dass
selbst bei Anwendung des höchsten Sicherheitsstandards nicht
nur die Langzeit- sondern auch die Kurzzeitsicherheit mit jeder
zusätzlichen Bohrung beeinträchtigt wird: Je genauer
man erfassen will, in welchem Zustand und an welchem Ort sich das
injizierte CO2 befindet, umso durchlässiger und damit unsicherer
wird das CO2-Endlager durch die dafür nötigen Bohrungen.
Bereits aus diesem Grund ist die CCS-Technologie als ungeeignet
zu bezeichnen.
Zudem
belegt die Systematik des Gesetzentwurfes, dass eine Langzeitsicherheit
nicht im Vorfeld einer CO2 Speicherung zu gewährleisten ist,
sondern sich in der Regel erst nach der Einlagerung feststellen
lässt, welche Entwicklungen eintreten. Denn § 6 Abs.
2 KSpG sieht vor, dass für beantragte, genehmigte und stillgelegte
CO2 Speicher folgende Daten in das Register aufzunehmen sind:
„3. die Abschätzung und Ermittlung von Druckveränderungen
in den Gesteinsschichten
4. weitere verfügbare Informationen, anhand deren beurteilt
werden kann, ob das gespeicherte Kohlendioxid vollständig
und dauerhaft zurückgehalten werden kann,
5. Ermittlung und Abschätzung der mit der dauerhaften Speicherung
verbundenen Umweltauswirkungen“
Diese
Unterscheidung in beantragte, genehmigte und stillgelegte CO2
Speicher ist darin begründet, dass sich der Erkenntnisstand
hinsichtlich der Langzeitsicherheit von der Antragstellung über
den Betrieb bis zur Stilllegung des CO2 Speichers dramatisch verändern
kann. Im Rahmen der Antragstellung oder während des Betriebs
sind keine sicheren Aussagen über das Verhalten der CO2-Massen
im Untergrund und damit über den erforderlichen Schutz der
Bevölkerung und der Umwelt möglich.
Diese
Problematik kann auch nicht durch die Erstellung eines statischen
3-D-Erdmodells behoben werden. Zwar wird in Anlage 1 Nr. 2 Abs.
2 KSpG ausgeführt:
„Zur Bewertung der Unsicherheit, mit der jeder der zur Modellierung herangezogenen
Parameter behaftet ist, werden für jeden Parameter eine Reihe von Szenarien
aufgestellt und die geeigneten Vertrauensgrenzen ermittelt. Außerdem
wird bewertet, inwiefern das Modell selbst mit Unsicherheit behaftet ist.“
Diese
Vorgehensweise wirft jedoch grundsätzliche
Probleme auf:
-
Wenn
in einem ersten Schritt bewertet wird, inwiefern ein Modell
selbst mit Unsicherheiten behaftet ist, ist es erforderlich,
Modell und Realität zu kennen und in ein Verhältnis
zueinander zu setzen. Die Kenntnis der Realität wird aber
erst sukzessive während der Einlagerung bzw. nach der
Stilllegung eintreten. Insofern ist nicht ersichtlich, dass
vorab eine sichere Bewertung des Modells erfolgen kann bzw.
die Abweichung von Modell und Realität quantifiziert werden
kann.
-
Insofern
für ein Modell verschiedene Parameter zur Modellierung
herangezogen werden, werden für jeden Parameter eine Reihe
von Szenarien aufgestellt und die geeigneten Vertrauensgrenzen
ermittelt. Es ist nicht ersichtlich, dass hierbei alle Szenarien
bereits im Vorfeld bekannt sind, da auch diese Szenarien im
günstigsten Fall erst im Betrieb bzw. nach der Stilllegung
bestimmt werden können. Gleiches gilt für die Vertrauensgrenzen.
Zudem decken Vertrauensintervalle aufgrund ihrer Definition
nur einen Teil der auftretenden Werte ab, eine worst-case-Analyse
wird so nicht erfolgen.
-
Ungeklärt
ist zudem, wie verfahren werden soll, wenn die verschiedenen
zur Anwendung kommenden Modelle einander widersprechende Ergebnisse
liefern.
Bei
der Charakterisierung des dynamischen Speicherverhaltens kommen
zu den für das statische Modell vorhandenen Problemen und
ungelösten Schwierigkeiten weitere Probleme hinzu:
-
Für
eine anspruchsvolle Modellierung werden regelmäßig
partielle Differentialgleichungen bzw. gekoppelte partielle
Differentialgleichungen die Grundlage des Modells sein. Diese
Differentialgleichungen werden in der Regel nicht analytisch
lösbar sein. Auch eine numerische Lösung wird in
der Regel nicht direkt möglich sein; vielmehr bedarf es
erheblicher Vereinfachungen. Es ist nicht ersichtlich, wie
das Problem gelöst werden soll, die Differenz zwischen
den exakten Lösungen und den Lösungen der vereinfachten
Gleichungen zu bestimmen, um so eine Bestimmung der real auftretenden
Parameter vornehmen zu können.
-
Unbestimmt
ist, wie das Problem fehlender Stabilität der Differentialgleichungen
bzw. signifikanter Sensibilität bei der Risikobewertung
gelöst werden soll. Die Aussage „Eine signifikante
Sensibilität wird bei der Risikobewertung berücksichtigt“ ist
unbestimmt und garantiert keinen hinreichenden Schutz der Bevölkerung
und der Umwelt.
Auf
dieser Basis kann aus mathematisch-naturwissenschaftlichen Gründen
kein Gefahrenausschluss erfolgen.
Es
ist zudem inakzeptabel, dass die wissenschaftlichen Grundlagen,
die eine Risikobewertung ermöglichen sollen. nicht vor einer
Einbringung des Gesetzes im Detail offengelegt sind und öffentlich
diskutiert werden. Dadurch wird es der Bevölkerung unmöglich
gemacht, auf Defizite in der Modellbildung und der Ermittlung der
relevanten Parameter hinzuweisen.
d) Die bundesweite Bewertung potentieller Speicherstellen
Gemäß § 5 Abs. 1 KSpG erstellt das Bundesministerium
für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit eine Bewertung
der Potentiale von Gesteinsschichten, die für die CO2-Speicherung
geeignet erscheinen. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften
erarbeitet dazu die erforderlichen geologischen Grundlagen (§ 5
Abs. 2 KSpG), das Umweltbundesamt die Grundlagen der Umweltvorsorge
(§ 5 Abs. 3 KSpG). Im Rahmen dieser Bewertung wird die Öffentlichkeit
in keiner Weise beteiligt. Da im Rahmen dieser Bewertung relevante
Vorentscheidungen gefällt werden, bedeutet dies ein erhebliches
Partizipationsdefizit.
e) Die Untersuchung des Untergrunds
Den
materiellen Vorschriften für die Untersuchung des Untergrunds
mangelt es aufgrund nicht konkretisierter allgemeiner Anforderungen
an der erforderlichen Bestimmtheit, um den Schutz von Mensch und
Umwelt zu gewährleisten.
Die
Verfahrensvorschriften zeichnen sich durch ein Demokratiedefizit
aus. Für die Entscheidung über die Untersuchung des Untergrunds
ist lediglich ein Genehmigungsverfahren ohne Erörterungstermin
vorgesehen. Zudem besteht für den Antragsteller bei Vorliegen
der Genehmigungsvoraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung der
Genehmigung; ein Versagensermessen existiert im Gegensatz zu einem
Planfeststellungsverfahren nicht.
f) Errichtung und Betrieb von Kohlendioxidspeichern
Die
Vorschriften für den Betrieb, die Errichtung und die
wesentliche Änderung von Kohlendioxidspeichern genügen
ebenfalls nicht höchsten Sicherheitsanforderungen und höchsten
demokratischen Standards.
So
ist die obligatorische Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung
für die wesentliche Änderung eines CO2-Speichers nicht
vorgesehen, da die neue Nr. 15.2 der Anlage 1 des UVPG die Änderung
eines CO2-Speichers nicht explizit umfasst. Damit greift in der
Regel nur die Vorschrift des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG, gemäß der
lediglich eine UVP-Vorprüfung vorgesehen ist, aus der nichtzwangsläufig
eine UVP-Pflicht resultiert. Dies ist besonders problematisch,
da gemäß § 3 Nr. 17 KSpG eine wesentliche Änderung
eine Veränderung von Anlagen oder des Betriebs von Anlagen
ist, die sich auf Mensch oder Umwelt auswirken kann. Diese Auswirkungen
werden durch den zu erwartenden regelmäßigen Wegfall
der UVP nicht mehr umfassend ermittelt und bewertet, so dass hier
eine Sicherheitslücke entsteht.
Zudem
ermöglicht es § 11 Abs. 2 KSpG der zuständigen
Behörde auf die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens
zu verzichten und lediglich ein Plangenehmigungsverfahren durchzuführen.
Hierdurch entsteht eine Partizipationslücke.
Sollte
das KSpG in der vorliegenden Form verabschiedet werden, würde dies bedeuten, dass Planfeststellungsbeschlüsse
oder Plangenehmigungen erteilt werden könnten, ohne dass konkrete
gesetzliche oder untergesetzliche Anforderungen an die Errichtung
oder den Betrieb von CO2-Endlagern vorliegen würden. Denn
weder in § 12 KSpG, welcher den Antragsinhalt regelt, noch
in § 13 KSpG, der den Planfeststellungsbeschluss bzw. die
Plangenehmigung regelt, sind hinreichend konkrete Anforderungen
an die Errichtung und den Betrieb eines CO2-Speichers festgelegt.
Dies
ist besonders hinsichtlich der Maßnahmen zur Verhütung
und Beseitigung von Leckagen und erheblichen Unregelmäßigkeiten
problematisch. Eine Darlegung dieser Maßnahmen ist gemäß § 19
S. 2 KSpG Teil des Sicherheitsnachweises und damit Teil der Antragsunterlagen.
Zudem muss der Planfeststellungsbeschluss bzw. die Plangenehmigung
gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 5 KSpG diese Maßnahmen
festlegen. Relevante konkrete Anforderungen müssten jedoch
erst in einer Rechtsverordnung gemäß § 25 KSpG
festgelegt werden. Da der Erlass dieser Rechtsverordnungen nicht
absehbar ist, sind erhebliche Sicherheitsdefizite bzgl. der Errichtung
und des Betriebs der CO2-Speicher zu erwarten.
g)
Sicherheitsnachweis, Überwachungskonzept und vorläufiges
Stilllegungs- und Nachsorgekonzept
Gegenstand
der Planfeststellung oder Plangenehmigung sind gemäß § 12
Abs. 2 Nr. 2 KSpG die zentralen Dokumente Sicherheitsnachweis, Überwachungskonzept
und vorläufiges Stilllegungs- und Nachsorgekonzept. Ihr Inhalt,
das Verfahren ihrer Erstellung sowie die Art und Weise ihrer Fortschreibung
sind jedoch weitgehend unbestimmt. Dies soll gemäß § 26
Abs. 2 KSpG in einer Rechtsverordnung erfolgen. Damit ist derzeit
weitgehend unbestimmt, welche Sicherheitsanforderungen ein Betreiber
zu erfüllen hat. Entscheidungen über CO2-Speicher auf
dieser Grundlage werden zu gravierenden Sicherheitsproblemen führen.
Als
Mangel ist insbesondere anzusehen, dass der Sicherheitsnachweis
zwar im Rahmen von Planfestellungs- oder Plangenehmigungsverfahren
aktualisiert wird, aber nicht festgelegt ist, in welchen zeitlichen
Mindestabständen dieses Dokument außerhalb dieser Verfahren
zu überarbeiten und zu aktualisieren ist. Gemäß § 21
Abs. 2 S. 2 KSpG ist eine „Anpassung an den Vorsorgestandard“ lediglich
auf Anforderung der Behörde und dann lediglich „in angemessenen
Abständen“ durch den Betreiber vorgesehen. Damit wird
der Schutz vor Leckagen und erheblichen Unregelmäßigkeiten
nur unzureichend gewährleistet.
Das Überwachungskonzept wird zwar im Rahmen von Planfeststellungs-
oder Plangenehmigungsverfahren aktualisiert, außerhalb dieser
Verfahren gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 KSpG aber lediglich
im Fünf-Jahres-Rhythmus überprüft und aktualisiert.
Bei derartig großen zeitlichen Abständen ist bei einer
Risikotechnologie wie CCS keine wirksame Kontrolle mehr gegeben.
Das
vorläufige Stilllegungs- und Nachsorgekonzept muss zwar
im Rahmen des Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren vorgelegt
werden, die Mindestfrequenz für seine Aktualisierung ist im
KSpG aber bisher nicht festgelegt. Die unzureichende Regelung des § 21
Abs. 2 S. 1 KSpG findet auch hier Anwendung.
Als
Mangel ist anzusehen, dass Dokumente Sicherheitsnachweis, Überwachungskonzept
und vorläufiges Stilllegungs- und Nachsorgekonzept – im
Gegensatz zum Sicherheitsbericht gemäß der 12. BImSchV – nicht
ständig vom Betreiber zur Einsicht durch die Öffentlichkeit
bereit gehalten werden müssen. Dies stellt ein Informationsdefizit
dar.
Zudem
ist keine Beteiligung der Bevölkerung bei Aktualisierungen
der Dokumente Sicherheitsnachweis, Überwachungskonzept und
vorläufiges Stilllegungs- und Nachsorgekonzept vorgesehen.
Dies stellt ein Partizipationsdefizit dar.
h)
Unvollständigkeit der Anlagen
1 und 2 des KSpG
Die
beim Sicherheitsnachweis zu berücksichtigende relevante
Anlage 1 sowie der für das Überwachungskonzept und die
Nachsorge relevanten Anlage 2 sind unvollständig. Es fehlen
wichtige Parameter für die Sicherheit und präzise Vorgaben
für die Erfassung der vorgegebenen Parameter, die nachfolgendbeispielhaft
angegeben werden:
-
Es
fehlt die Untersuchung der Flächenausdehnung des injizierten
Kohlendioxids in Abhängigkeit von der Injektionsmenge,
welche zu einer variablen Bevölkerungsverteilung und –dichte über
dem Teil des Speichers führt, der mit CO2 gefüllt
ist. Dadurch bleibt die jeweils vorliegende Gefährdung
ungeklärt.
-
Zwar
sollen im Rahmen der Charakterisierung von Gefahren Risiken
für das nutzbare Grundwasser, insbesondere für
die Trinkwasservorkommen ermittelt werden. Welche Parameter
hierfür allerdings herangezogen werden, bleibt unklar.
-
Weiterhin
fehlt eine präzise Angabe über die Anzahl von Messstellen
pro Flächeneinheit im Rahmen der Festlegung der obligatorischen
Parameter für das Überwachungskonzept. So ist
nicht gewährleistet, dass auch das weite Umfeld der
Injektionsstelle einschließlich der gesamten Fläche
oberhalb des CO2-Speichers und nicht nur der Nahbereich der
Injektionsstelle kontrolliert wird.
-
Darüber
hinaus fehlen Vorgaben für die Tiefen, in denen gemessen
werden soll und für den Abstand von der CO2-Oberfläche
i) Die Stilllegung
Für die Stilllegung bedarf es gemäß § 17
Abs. 1 KSpG einer Genehmigung. Ein öffentliches Genehmigungsverfahren
ist allerdings bisher nicht vorgesehen. Damit wird der Bevölkerung
die Möglichkeit genommen, Sicherheitsmängel bei der Nachsorge
aufzudecken, sich mit den aktualisierten Unterlagen hierzu auseinanderzusetzen
und ihre Interessen wirksam zu vertreten. Dies ist aus Gründen
einer bestmöglichen Partizipation abzulehnen.
j)
Die Eigenüberwachung
Die
notwendige Konkretisierung der Eigenüberwachung steht
aus. Gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 4 KSpG ist sie Gegenstand
einer zukünftigen Rechtsverordnung. Es ist davon auszugehen,
dass auch diese auf unbestimmte Zeit vorhandene Regelungslücke
zu Sicherheitsproblemen führen wird.
Zudem
ist das Prinzip der Eigenüberwachung abzulehnen. Bei
einer Risikotechnologie ist eine staatliche Überwachung vorzunehmen,
zu der sich der Staat auf Kosten des Betreibers auch unabhängiger
Dritter bedienen kann.
Die
vorgesehene Eigenüberwachung ermöglicht zudem keine
hinreichende Überprüfung durch die Behörde oder
die Öffentlichkeit. So fehlen beispielsweise notwendige eigene
Kontrollmessstellen der Behörden.
Nicht
akzeptabel ist auch, dass die Ergebnisse der kontinuierlichen Überwachung
nicht zwingend auch kontinuierlich an die zuständige Behörde übermittelt
werden, sondern – sofern die Behörde nicht anders entscheidet – gemäß § 22
KSpG lediglich einmal im Jahr übermittelt werden. Eine Fernüberwachung
ist beispielsweise bei Emissionsmessungen längst gängige
Praxis.
Als
Informationsdefizit ist zudem anzusehen, dass die Angabe
gemäß § 22
Abs. 3 KSpG lediglich der Behörde übermittelt werden
müssen, aber nicht gleichzeitig der Bevölkerung – insbesondere über
das Internet – zugänglich gemacht werden.
k)
unzureichendes Sicherheitskonzept für Leckagen
oder erhebliche Unregelmäßigkeiten
Welche
Maßnahmen bei Leckagen oder erheblichen Unregelmäßigkeiten
gemäß § 23 Abs. 1 KSpG in Betracht kommen, lässt
der Gesetzentwurf offen. Insbesondere aufgrund der Verlagerung
von Anforderungen in Rechtsverordnungen ist kein konkretes und
fortschrittliches Sicherheitskonzept erkennbar.
Zwar
werden im Rahmen der Eigenüberwachung gemäß § 23
KSpG Informationen über das Verhalten des gespeicherten CO2
gewonnen, die insbesondere das Ziel haben, Leckagen zu erkennen,
damit diese gemäß der Anforderung des § 23 Abs.
1 Nr. 2 KSpG vollständig beseitigt werden können. Jedoch
ist unklar, welche Maßnahmen hierfür existieren und
welche Wirksamkeit sie besitzen. Auf Seite 68 der Gesetzesbegründung
heißt es „Vom Begriff der Beseitigung erfasst sind
nachträgliche Maßnahmen, die im Fall tatsächlich
auftretender Leckagen oder erheblicher Unregelmäßigkeiten
zu deren Eindämmung ergriffen werden.“. Der Begriff
der Eindämmung ist im KSpG nicht legaldefiniert. Hierunter
fällt im Wortsinn jedoch nicht lediglich die 100%ige Zurückhaltung
sondern auch die Abschwächung, d.h. lediglich die partielle
Zurückhaltung. Auf Seite 69 der Begründung des Gesetzentwurfes
heißt es, dass „nachträgliche Maßnahmen
gegen austretendes Kohlendioxid nur unter erschwerten Bedingungen
möglich sind.“ Insgesamt ist somit nicht sichergestellt,
dass Leckagen 100%ig geschlossen werden müssen bzw. geschlossen
werden können.
Zudem
geht der Verweis auf den Sicherheitsnachweis in § 23
Abs. 1 Nr. 2 KSpG ins Leere, da auch für den Sicherheitsnachweis
konkrete Anforderungen fehlen. So ist noch nicht einmal vorgesehen,
dass bei schlagartigen Freisetzungen von CO2, einer sich verstärkenden
diffusen Freisetzung von CO2 oder erheblichen Unregelmäßigkeiten
eine unverzügliche Einstellung der Injektion erfolgt.
Besonders
problematisch ist, dass es keine Vorschriften gibt, die Maßnahmen festlegen, die zu ergreifen sind, wenn sich
herausstellt, dass Leckagen wider Erwarten nicht zu beseitigen
sind. Fortschrittliche Deponiekonzepte beruhen auf den drei Anforderungen „Kontrollierbar – Reparierbar – Rückholbar“.
Dies bedeutet insbesondere, dass bei nicht zu schließende
Leckagen Maßnahmen geplant und ergriffen werden müssten,
das verbliebene gespeicherte Kohlendioxid schnell und sicher aus
dem Speicher zu entfernen, um Gesundheitsgefahren für die
Bevölkerung und Schäden für die Umwelt zu verhindern.
Ein derartiges Konzept liegt nicht vor und ist auch im KSpG nicht
vorgesehen. Mithin genügt das im KSpG angedeutete Sicherheitskonzept
gerade nicht höchsten Umweltstandards.
Unklar
ist zudem, ob und wie die Bevölkerung bei Leckagen
oder erheblichen Unregelmäßigkeiten informiert wird.
Eine solche Information hat unverzüglich zu erfolgen. Ein
zuverlässiges Mess-, Warn- und Alarmsystem insbesondere in
Hinblick auf die Gefährdung der einzelnen Betroffenen ist
aber nicht erkennbar.
l)
Anforderungen an Kohlendioxidströme
§ 24 KSpG regelt die Anforderungen an die Annahme und die
Injektion von Kohlendioxidströmen. Gemäß § 24
Abs. 1 Nr.1 KSpG müssen diese lediglich „ganz überwiegend“ aus
Kohlendioxid bestehen. Dies ermöglicht es einem Betreiber,
hochverunreinigtes bzw. mit schlechtem Reinheitsgrad abgeschiedenes
Kohlendioxid zu injizieren. Daher ist nicht gesichert, dass § 24
Abs. 1 Nr. 3 KSpG erfüllt werden kann, wonach Beeinträchtigungen
für die Umwelt auszuschließen sind.
m) Die Deckungsvorsorge
§ 30 KSpG regelt die Deckungsvorsorge. Ihre Art und Höhe
wird gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 KSpG von der zuständigen
Behörde festgesetzt. Für die Berechnung der Deckungsvorsorge
fehlen für die Fälle des § 30 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4
KSpG allerdings die Maßstäbe. Denn die näheren
Vorschriften zur Deckungsvorsorge sollen ggf. erst in einer Rechtsverordnung
des Bundes gemäß § 32 Abs. 1 KSpG geklärt
werden. So ist nicht gesichert, dass diese für einen worst-case-Fall
(Schlagartige Freisetzung des gesamten Inventars des Speichers,
ungünstige Wetterlage) hinreichend bemessen ist.
An
dieser Stelle zeigt sich zudem die Absurdität der CCS-Technologie,
durch die die Bevölkerung erheblich gefährdet wird sowie
des KSpG. Denn eine derartige Deckungsvorsorge ist lediglich in
der Lage, Sachschäden auszugleichen. Für irreversible
Umweltschäden, irreversible Verletzungen von Personen sowie
Todesfälle aufgrund von Erstickungen kann es – auch
wenn im Gesetz eine finanzielle Bewertung vorgesehen ist - keinen
adäquaten finanziellen Ersatz geben.
n)
Die Übertragung der Verantwortung
Weiterhin
ist nicht gegeben, dass der Betreiber eines CO2-Speichers dauerhaft
für die durch seine Tätigkeiten hervorgerufenen
Gefahren die persönliche und finanzielle Verantwortung für
Gesundheitsschäden der Bevölkerung und Umweltschäden übernimmt,
obwohl gemäß § 31 Abs. 5 KSpG davon ausgegangen
wird, das Leckagen oder erhebliche Unregelmäßigkeiten
trotz Vorliegen der Voraussetzungen des § 31 Abs. 3 KSpG auftreten
können. Denn gemäß § 31 Abs. 1 i.V.m. § 31
Abs. 2 S. 1 KSpG wird diese Verantwortung regelmäßig
nach Ablauf von 30 Jahren nach dem Abschluss der Stilllegung des
CO2-Speichers auf das jeweilige Bundesland übertragen.
Da
vom KSpG primär die Kraftwerksbetreiber profitieren werden,
werden die Gewinne aus dem Kraftwerksbetrieb privatisiert, während
die potentiellen Verluste, die sich aus Leckagen und erheblichen
Unregelmäßigkeiten der CO2-Speicher nach Ablauf von
30 Jahren ergeben, sozialisiert werden. Damit ist eine finanzielle
Umverteilung zu Lasten der Bevölkerung vorgesehen. Dies ist
insbesondere mit der in § 1 S. 1 KSpG aufgeführten „Verantwortung
für zukünftige Generationen“ unvereinbar.
o) Der Ausgleichsanspruch der Gemeinden
Gemäß § 42 KSpG erhalten die Gemeinden oberhalb
eines CO2-Speichers vom Betreiber einen Ausgleichsbeitrag. Dadurch
soll vor Ort Akzeptanz mittels finanzieller Anreize geschaffen
werden. Von den politisch Verantwortlichen in den betroffenen Gemeinden
wird anscheinend auch erwartet, dass sie diese Gelder ganz oder
zum Teil dazu verwenden, Akzeptanz in der Bevölkerung zu schaffen.
Denn im Besonderen Teil der Begründung des Gesetzentwurfes
ist unter „Zu § 42“ aufgeführt: „Grund
ist die besondere Betroffenheit der Kommunen von der Speicherung
und die damit verbundenen Vermittlungslasten“.
Eine
derartige Einflussnahme auf die Meinungsbildung der Betroffenen
ist abzulehnen. Vielmehr ist das Votum der von der CO2-Speicherung
betroffenen Bevölkerung zu akzeptieren. Wäre die CCS-Technologie
zudem so sicher wie behauptet, würde es des Ausgleichsanspruchs
nicht bedürfen.
p)
Fehlende Berücksichtigung der Interessen der betroffenen
Bevölkerung
Zahlreiche
Reglungen sollen es ermöglichen, auch gegen die
Interessen und den Widerstand der Betroffenen die CCS-Technologie
durchzusetzen. Hierzu gehören insbesondere die Bestimmungen über
-
die
Benutzung fremder Grundstücke für die Untersuchung
des Untergrunds (§ 10 KSpG),
-
die
Pflicht von Grundstückseigentümern, die CO2-Speicherung
unter ihren Grundstücken zu dulden (§ 14 KSpG)
und
-
die
Möglichkeit, Enteignungen zur Errichtung und zum Betrieb
von CO2-Speichern durchzuführen (§ 15 KSpG).
Gerade § 15 KSpG legt zudem nahe, dass bei der Enteignung
keine ergebnisoffene Prüfung vorgesehen ist. So ist gemäß § 15
S. 1 KSpG die zentrale Voraussetzung der Enteignung, dass die Errichtung
und der Betrieb des jeweiligen CO2-Speichers dem Wohl der Allgemeinheit
dienen müssen. Das Wohl der Allgemeinheit ist gemäß § 15
S. 2 KSpG dann gegeben, wenn die Speicherung einen nachhaltigen
und wirksamen Beitrag zum Klimaschutz und zur Energieversorgungssicherheit
leistet. Gemäß § 1 KSpG ist die dauerhafte Speicherung
von Kohlendioxid in unterirdischen Gesteinsschichten „im
Interesse des Klimaschutzes und im Interesse einer möglichst
sicheren, effizienten und umweltverträglichen Energieversorgung“,
obwohl dies objektiv allenfalls Ergebnis der „Erprobung und
Demonstration“ nach sehr langen Zeiträumen sein könnte.
Damit ist der Inhalt der Entscheidung faktisch vorgegeben. Das
Wohl der Allgemeinheit wird damit in der Regel nicht mehr gemäß § 15
S. 3 KSpG im Einzelfall ergebnisoffen geprüft werden, sondern
direkt aus § 1 KSpG abgeleitet werden. Ein solches Vorgehen
ist mit hohen demokratischen Standards nicht in Einklang zu bringen.
Statt
Bestimmungen vorzusehen, mit denen sich über berechtigten Ängste
der Betroffenen hinweggesetzt werden soll, sollten die Entscheidungen
der Betroffenen akzeptiert und ihrem ablehnenden Votum gegen die
CCS-Technologie gefolgt werden.
IV.
CCS – Eine Technologie gegen den Willen der
Bevölkerung
Insbesondere
an den bereits diskutierten Standorten für CO2-Speicher
würde das vorliegende Artikelgesetz eine Politik gegen den
Willen der Bevölkerung darstellen und katastrophale Folgen
haben, wie nachfolgend exemplarisch ausgeführt wird.
1. Situation in der Altmark
Mit § 37 KSpG soll den CCS-Befürwortern ein Experimentierfeld
erschlossen werden. Sie versprechen sich hiervon Erfahrungswerte
und Daten, um den unbestimmten Rechtsbegriff „geeignete Maßnahmen“ zukünftig
mit Inhalt zu füllen. Dies ist Voraussetzung für die
Planfeststellung und Plangenehmigung von Kohlendioxidspeichern.
§ 37 KSpG kommt somit eine Schlüsselfunktion zu. Zu
seiner Umsetzung ist man bereit, die Bewohnbarkeit einer ganzen
Region aufs Spiel zu setzen. In der Altmark mit ihren 450 bis 600
alten und zum Teil gar nicht mehr bekannten Bohrlöchern, und
mit ihrem nach der Erdgasausbeutung leicht gesenkten Untergrund,
der sich durch CO2-Injektion wieder heben würde, ist das Leckagerisiko
extrem hoch. Es ist davon auszugehen, dass die Gesundheit und das
Leben der Bevölkerung über einem solchen CO2-Speicher
extrem gefährdet wären. Abwanderung und Entvölkerung
wären die Folgen. Entvölkerungen, wie sie es beispielsweise
im Rahmen des Braunkohletagesbaus gegeben hat, dürfen kein
Mittel einer Energiepolitik sein.
Die
Altmark ist bereits jetzt vergleichsweise dünn besiedelt.
Mman vermutet anscheinend, dass die Bevölkerung hier wenig
Widerstand leisten würde und traut ihr auch keine großen
physikalischen und chemischen Kenntnisse zu. Anders ist es jedenfalls
kaum zu erklären, dass große Energiekonzerne immer wieder
versuchten, die Bevölkerung damit zu beruhigen, dass Sprudelwasser
und Bier doch zeigen würden, dass CO2 ein völlig harmloser
Stoff ist.
Aus
Sicht der Bevölkerung ist der von der Bundesregierung
vorgelegte Gesetzentwurf in keiner Weise akzeptabel. Leib und Leben
von Menschen, der Wert ihrer Grundstücke und Häuser,
Flora, Fauna, das Menschenrecht auf sauberes Wasser, dies und mehr
wird höchsten Risiken ausgesetzt. Dieser Gesetzentwurf bringt
nur für eine kleine Gruppe einen Vorteil: die Kohleindustrie
könnte ihre Infrastruktur weiter betreiben und damit auch
zukünftig Gewinne machen.
Aus
Sicht der Bevölkerung in der Altmark ist das Gesetz in
Gänze zurückzuweisen. Sie fordert den Umbau der Energiewirtschaft
zur ausschließlichen Nutzung der erneuerbaren, unerschöpflichen
Quellen. Es gilt, den Klimawandel möglicherweise noch abzumildern.
Auf diese Aufgabe muss das gesamte Potential der Gesellschaft fokussiert
werden, nicht auf Technologien, die den Weiterbetrieb einer umweltschädlichen
Energieversorgungsstruktur zugunsten des Profits einiger Konzerne
ermöglichen.
2. Situation in Norddeutschland
Auch
in Schleswig-Holstein wird die CCS-Technologie von der Bevölkerung
abgelehnt. Neben den Aspekten der Sicherheit und des Grundwasserschutzes
sind hier weitere Argumente relevant.
Es
ist zu befürchten, dass bei Leckagen von Rohrleitungen
oder CO2-Speichern das Weltkulturerbe Wattenmeer in erheblichem
Umfang geschädigt wird, da die erstickende Wirkung von CO2
auch die dort vorhandene Fauna betrifft. Das Wattenmeer bedarf
eines besonderen Schutzes, der die Anwendung der CCS-Technologie
in diesem Gebiet oder direkter Nachbarschaft ausschließt.
Auch
die sozialen Auswirkungen würden beträchtlich sein.
Neben der Landwirtschaft lebt Schleswig-Holstein vom Tourismus.
Ein Gebiet, das direkt oberhalb eines CO2-Speichers oder in dessen
Einwirkungsbereich liegt, verliert aber seinen touristischen Reiz
und seinen Erholungswert, da ständig mit dem Eintritt eines
Großschadensereignisses und einer Gefahr für Leib und
Leben zu rechnen ist. Damit wären erhebliche negative Folgen
für die soziale Situation in Schleswig-Holstein zu erwarten.
V. Verabschiedung eines Verbotsgesetzes
Aus
dem vorstehend Dargestellten ergibt sich die Notwendigkeit, die
Pläne zur Einführung der CCS-Technologie fallen zu
lassen. Vielmehr ist festzulegen, dass eine CO2-Speicherung in
Deutschland nicht erfolgt. Die Möglichkeit, ein Verbotsgesetz
für die Zulassung von CO2-Speicherstätten zu verabschieden,
ergibt sich direkt aus der EU-Richtlinie 2009/31/EG.
Zwar
wird die Richtlinie seitens der Industrie in der Öffentlichkeit
immer wieder so interpretiert dass sie die Endlagerung von CO2
im Untergrund vorschreiben würde. Und auch die Begründung
zum CCS-Gesetz suggeriert dies, da in ihr ausgesagt wird, dass
dieses Gesetz erforderlich sei, um die Richtlinie 2009/31/EG umzusetzen.
Dies
steht allerdings im Gegensatz zum Wortlaut der Richtlinie 2009/81/EG,
in der es in Art. 4 Abs. 1 heißt: „Die
Mitgliedstaaten behalten das Recht, die Gebiete zu bestimmen, aus
denen gemäß dieser Richtlinie Speicherstätten
ausgewählt werden können. Dazu gehört auch das Recht
der Mitgliedstaaten, keinerlei Speicherung auf Teilen oder auf
der Gesamtheit Ihres Hoheitsgebietes zuzulassen.“ Eine
Speicherung könnte daher in Deutschland verboten werden.
Ein
derartiges Verbot würde ein weltweites, positives Signal
gegen diese Risikotechnologie setzen und dem Schutz der Bevölkerung
und der Umwelt dienen. Die hohen finanziellen Mittel für die
Forschung zur CO2-Endlagerung sollten besser für die Weiterentwicklung
der Nutzung regenerativer Energiequellen sowie eine effizienten
Energienutzung verwendet werden.
Für den BBU 26.08.2010
Oliver Kalusch |